Andrea Leitgeb begann mit 38 Jahren ihre Karriere beim Österreichischen Bundesheer, die Medizinerin wurde als erste Frau Offizierin im Generalsrang. Als Evaluierungsdirektorin für das militärmedizinische System reist sie zu den Truppen in ganz Österreich und kennt deren Situation vor Ort. Lebenslanges Lernen sieht sie als persönliches Erfolgsrezept – und als Mittel gegen den Fachkräftemangel.

Interview: Cornelia Ritzer
Fotos: Franziska Liehl

 

Im Jahr 2014 wurden Sie die erste Frau Brigadier des Österreichischen Bundesheeres und standen im Rampenlicht. Wie waren die Reaktionen auf diesen Aufstieg?

Teilweise gab es Erstaunen, denn ich habe meine Bewerbung nicht an die große Glocke gehängt. Und ich habe eine Flut von Glückwünschen und Zuspruch erhalten, sowohl medial als auch persönlich aus dem Kameraden und Kollegenkreis. Im Internet gab es auch böse Kommentare. Das habe ich aber nicht auf mich gemünzt, es gibt einfach Personen, die so etwas schreiben. Und meine Familie hat sich natürlich sehr gefreut.

Hat es auch Reaktionen wie „Höchste Zeit, dass eine Frau Generalin wird“ gegeben?

Auch. Ich habe aus den USA und von anderen Armeen Glückwünsche bekommen, weil sich die Kunde über die Ministerien international verbreitet hat, dass jetzt auch Österreich eine Frau im Generalsrang hat. Anderswo gibt es das schon lange. Wir haben gegenüber anderen Armeen noch immer eine relativ niedrige Frauenquote, obwohl das jetzt schon sehr viel besser ist.

Andrea Leitgeb ist Fachärztin für Allgemeinchirurgie und begann ihre militärische Karriere beim Bundesheer im Jahr 2001. 13 Jahre später – im April 2014 – wurde die gebürtige Tirolerin zur ersten Frau Brigadier im Bundesheer ernannt.

Mit der Heeressanitätschefin, der Leiterin der Direktion 8, gibt es seit einigen Jahren eine zweite Frau – sie ist ebenfalls Medizinerin – im Generalsrang. Viele Frauen machen im Lauf ihrer Karriere jedoch die Erfahrung, dass es für sie eine gläserne Decke gibt. Mit welchen Hindernissen muss man als Frau im Bundesheer kämpfen?

Wenn eine Frau die Militärakademie macht und den Generalstabslehrgang absolviert, hat sie natürlich die Chance, aufzusteigen. Aber das dauert. Es wurde bereits begonnen, den weiblichen Nachwuchs zu fördern, nur geht das nicht so schnell. Militärmedizinerinnen dagegen sind Quereinsteigerinnen, für sie gibt es gewissermaßen eine gläserne Decke. Natürlich haben wir Medizinerinnen die militärische Ausbildung, und es ging relativ schnell, den Generalsrang zu erreichen. Aber wir können nur bis zu einem bestimmten Dienstgrad kommen und es ist auch nur eine begrenzte Anzahl von Stellen in diesem Rang zu besetzen

Aber die Frauenförderung im Bundesheer existiert?

Die existiert auf jeden Fall. Unsere Frau Minister schaut da drauf. Aber als Frau muss man auch was können.

Haben Sie einen Ratschlag für Frauen, die über eine Karriere im Bundesheer nachdenken? Und welche Eigenschaften sollten Frauen sowie Männer mitbringen, wenn sie diesen Weg einschlagen möchten?

Kameradschaft und Durchhaltevermögen, Belastungsfähigkeit und Reisebereitschaft sowie permanente Fortbildung sind die Hauptkriterien, um eine Karriere beim Heer – wie auch in der zivilen Welt – zu machen. Die Zeiten haben sich geändert, die Akzeptanz von Frauen beim Heer stellt keine Hürde mehr dar.
Man muss vor allem authentisch sein und sich selbst treu bleiben. Ich habe das immer getan. Zu versuchen, sich anders darzustellen, als man ist, wird auf die Dauer nicht klappen. Und natürlich ist der Aufstieg  manchmal beschwerlich – je höher man kommt, desto dünner wird die Luft. Das ist auch im zivilen Leben so. Man muss einen geraden Weg gehen.

Vor Ihrer derzeitigen Position als Evaluierungsdirektorin im Verteidigungsministerium waren Sie Kommandantin der Sanitätsschule des Bundesheeres. Welche Kompetenzen braucht man sowohl als Ärztin als auch als Generalin? 

Ich bin erst mit 38 Jahren zum Bundesheer gekommen. Das heißt, ich habe im zivilen Leben mit meinen Facharztausbildungen bereits viel Zeit mit Patientinnen und Patienten verbracht. Empathie und Einfühlungsvermögen waren mir immer wichtig. Dann kann man auch leichter herausfinden, was jemandem fehlt. Das war immer mein Ansatz. Auch Durchsetzungsvermögen, Fachkompetenz, fundiertes Wissen und die Fähigkeit, über den Tellerrand zu schauen, sind wichtige Voraussetzungen, um als Ärztin, in Führungspositionen und auch als Person im Generalsrang agieren zu können.

„Die Attraktivierung der medizinischen Berufe ist eine Aufgabe, die uns alle betrifft. Mehr Primärversorgungszentren würden sicher zu einer Entlastung der Spitalsambulanzen führen.“

Andrea Leitgeb, Brigadier

Der Fachkräftemangel beschäftigt künftig alle Institutionen. Wie kann man (junge) Menschen aus dem medizinischen Bereich überzeugen sich beim Bundesheer zu bewerben? Was macht das Bundesheer zu einem attraktiven Arbeitgeber?

Fachkräftemangel besteht nicht nur in der Medizin oder beim Österreichischen Bundesheer, sondern in allen  Branchen und in ganz Europa. Laut Statistik kommen ab 2024/25 starke Pensionsjahre auf uns zu, wenn die Babyboomer in Pension gehen. Und wir haben in manchen Bereichen zu wenig Nachwuchs, leider. Das wird in den nächsten Jahren eine große Herausforderung sein.
Das Bundesheer ist auch für Medizinerinnen und Mediziner ein attraktiver Arbeitgeber. Langfristige Perspektive, Karrieremöglichkeiten und Vielfältigkeit sind die Hauptanreize. Die junge Generation will eine gute Work-Life-Balance, ein adäquates Gehalt und eine Lebensplanung mit Familie haben. Als Ärztin beim Bundesheer habe ich einen guten und sehr abwechslungsreichen Job. Auch die Einsätze im Ausland sind planbar, selbst wenn man innerhalb von ein paar Tagen reisebereit sein muss, weil akut etwas passiert und man sich zur Bereitschaft meldet.
Ich habe als Oberärztin für Chirurgie angefangen, war dann Kommandantin der Sanitätsschule und bin erste Generalin geworden. Und jetzt bin ich Evaluierungsdirektorin für das gesamte militärmedizinische System in Österreich. Das ist für mich eine sehr schöne und auch sehr vielfältige Karriere. Man bekommt viele Möglichkeiten.

Was hat Sie damals überzeugt, zum Bundesheer zu gehen?

Ich war eine Abenteurerin und mich hat der Auslandseinsatz sehr gereizt. Ich war sieben Monate als Bataillonsärztin am Golan in Syrien. Da durfte ich dieses Land noch vor dem Krieg kennenlernen,
das war auch kulturell sehr interessant.

Während der Pandemie war das Gesundheitspersonal besonders stark gefordert. Viele haben – etwa aus Überlastung – den Beruf an den Nagel gehängt. Gibt es eine ähnliche Entwicklung in den  militärmedizinischen Diensten? Und wie kann man dieser Entwicklung entgegenwirken?

In den zivilen Krankenanstalten gibt es wegen der Belastung eine große Abwanderung in Privatspitäler und private Ordinationen. Und je mehr gehen, desto enger wird die Situation für die, die bleiben. Die Attraktivierung der medizinischen Berufe ist eine Aufgabe, die uns alle betrifft. Mehr Primärversorgungszentren würden sicher zu einer Entlastung der Spitalsambulanzen führen. Die Militärspitäler zum Beispiel werden durch die truppenärztlichen Ambulanzen entlastet. Die Belastungen und die Kündigungsrate im militärmedizinischen Dienst werden regelmäßig evaluiert, sind jedoch im Vergleich zum zivilen System gering. Unser Personal war in der Pandemie zwar sehr gefordert, weil wir im Assistenzeinsatz waren, aber das ist jetzt besser geworden. Obwohl natürlich auch wir einen Personalmangel haben, vor allem bei den Ärztinnen und Ärzten.

Erst kürzlich – und immer wieder – gab es öffentliche Diskussionen über Postenbesetzungen im Bundesheer. Werden Sie als Mitglied des Bundesheeres darauf angesprochen? Und wie reagieren Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen auf Kritik von außen?

Darauf werde ich nicht angesprochen, auch nicht im privaten Bereich. Das ist nichts  Bundesheerspezifisches, solche Dinge gibt es auch in anderen Ressorts. Ich kann dazu nichts sagen, weil ich nicht involviert bin. Politik ist Politik, und Arbeit ist Arbeit. Ich bin hier im Dienst.

Aufstiegsmöglichkeiten und Vielfältigkeit sind gute Argumente für die Arbeit beim Militär, sagt Andrea Leitgeb. Der Fachkräftemangel, der sich noch verschärfen wird, ist auch eine enorme Herausforderung für das Bundesheer.

Wir führen dieses Interview wenige Tage nach dem verheerenden Erdbeben an der türkisch-syrischen Grenze, das Bundesheer hat Soldaten ins Katastrophengebiet entsandt. In den letzten Jahren rückten viele Krisenherde immer näher, der russische Angriff auf die Ukraine hat Europa deutlich vor Augen geführt, dass ein geschlossenes Auftreten gegen den Krieg wichtig ist. Ist die Bedeutung des Bundesheeres
dadurch gestiegen?

Ich glaube, das Bundesheer war nie ungeschätzt. Nur in Friedenszeiten denkt man – vor allem die junge Generation – nicht daran, dass es auch anders sein könnte. Wenn dann was passiert, beginnt man nachzudenken. Dann sieht man, dass leider nichts unmöglich ist und das Bundesheer sehr wohl einen
wichtigen Beitrag zum Schutz und zur Sicherheit unserer Heimat beitragen kann.

Zuvor gab es immer wieder Stimmen, die die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht forderten, im Jahr 2013 fand auch eine Volksbefragung dazu statt. Ist diese Debatte nun – zehn Jahre später – endgültig vorbei?

Diese Diskussion ist jetzt überflüssig.  Wir sehen, dass wir ein Heer brauchen und dass es wichtig ist, die Wehrpflicht zu haben. Denn wenn mal was passiert, haben die Menschen zumindest eine Grundausbildung, sodass sie sich selber helfen können.

In den nächsten zehn Jahren soll das Budget des Verteidigungsministeriums deutlich ansteigen. Was kann diese Finanzspritze bewirken? Und kommt sie rechtzeitig?

Besser spät als nie – und es ist noch nicht zu spät. Die Modernisierung von Geräten, die  Attraktivitätssteigerung und das Sichern weiterer Arbeitsplätze für alle Fachrichtungen sind ein großer Schritt in die Zukunft. Derzeit entsteht in Innsbruck ein neues Militärspital mit einer Ambulanz für Alpin- und Höhenmedizin und einer Abteilung für Psychotraumatologie und Stressmanagement, das eine gute Kooperation mit dem zivilen Bereich ermöglicht. Ansätze und Pläne dafür waren schon lange da, nur das Geld hat einfach gefehlt. Jetzt kann man all das verwirklichen. Und das finde ich sehr, sehr gut.

Versorgung.

Aufgabe des Militärischen Gesundheitswesens ist die medizinische Versorgung der Soldatinnen und Soldaten und zivilen Bundesheerangehörigen in Österreich, bei internationalen Hilfseinsätzen und bei Friedensmissionen.

www.bundesheer.at
Wer in der Mitte der Karriere in die Verwaltung wechselt, ist nicht einfach spät dran – sondern Teil eines Trends. Drei Quereinsteigerinnen erzählen, was den öffentlichen Dienst für sie attraktiv gemacht hat. Und warum „externe“ Erfahrung am neuen Arbeitsplatz so wertvoll ist.

Text: Clemens Stachel

 

Es war die Entscheidung zu einem Abenteuer.“ Lachend erinnert sich Martina Frühwirth an den Moment, als sie sich vor fünf Jahren um die Stelle bewarb, die sie heute innehat: als Referentin in der  Magistratsabteilung Architektur und Stadtgestaltung der Gemeinde Wien. Mit dem „Abenteuer“ meint die Wienerin aber weniger ihre jetzige Tätigkeit – ihre „MA“ plant und gestaltet den öffentlichen Stadtraum – als vielmehr ihr damaliges Wagnis, sich im Alter von 46 Jahren beruflich komplett neu zu orientieren. „Ich habe davor über 20 Jahre im Kulturbereich gearbeitet: Ich war im Architekturzentrum Wien angestellt, habe für Ö1 Radiosendungen gestaltet“, erzählt Frühwirth.

„Ich hatte mir einen Namen gemacht, ein gutes Netzwerk aufgebaut, wie das für eine Karriere in diesem Bereich notwendig ist. Der Umstieg in die Stadtverwaltung bedeutete für mich also auch, diesen Namen aufzugeben. Jetzt bin ich Teil eines großen Ganzen, und es trägt den Namen Stadt Wien.“ Dafür, sagt Frühwirth, übe sie jetzt endlich den Beruf aus, für den sie eigentlich ausgebildet ist: Landschaftsplanerin. „Und ich mag es, mit meinem Wissen und Engagement genau an dem Platz zu sein, wo ich gebraucht werde.“

In der Abteilung Architektur und Stadtgestaltung der Stadt Wien fühlt sich Martina Frühwirth „genau an dem Platz, wo ich gebraucht werde“.
Fotos: Marion Pertschy (2)

Das Wagnis hat sich für Martina Frühwirth also bezahlt gemacht. Aber haben wir es hier mit einem  extravaganten Einzelphänomen zu tun – oder mit der Vertreterin eines stärker werdenden Trends? Dass Berufskarrieren heute im Allgemeinen vielfältiger, brüchiger, veränderlicher verlaufen als vor 30 Jahren, ist ja nichts Neues. Doch erst seit relativ kurzer Zeit können wir beobachten, wie sich diese Dynamik auch auf den öffentlichen Dienst auswirkt.

Andreas Buchta-Kadanka, Gruppenleiter im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS), liefert hilfreiche Zahlen dazu: „Wir könnten als grobe, pragmatische Definition des ‚Quereinsteigens‘ ein Eintrittsalter von über 35 Jahren heranziehen. Wie groß ist also der Anteil der über 35-Jährigen bei den externen Neuaufnahmen im Bundesdienst? 2017 lag dieser Anteil bei rund 21 Prozent, 2019 bei 22 und im abgelaufenen Jahr schon bei 28,5 Prozent.“

„Wer quereinsteigt, kann für frischen Wind sorgen, den Austausch fördern und neue Ideen hereinbringen.“

Andreas Buchta-Kadanka, Experte für Verwaltungsinnovation

Die Gründe für diesen Anstieg verortet Buchta-Kadanka einerseits in einem gesamtgesellschaftlichen Trend, nämlich dass „immer mehr Menschen Berufe suchen, die für sie sinnstiftend sind, wie eben der Dienst an der Gemeinschaft“, andererseits aber auch in ganz konkreten gesetzlichen Maßnahmen der
vergangenen Jahre: „Es wurde etwa in manchen Bereichen leichter gemacht, Vordienstzeiten anzurechnen. Außerdem wurden die Einstiegsgehälter mit der Dienstrechtsnovelle 2022 merklich angehoben. Das macht den öffentlichen Dienst auch für ältere Einsteigerinnen und Einsteiger attraktiver.“ Diese aktiv anzuwerben hält der Experte für Verwaltungsinnovation im BMKÖS für notwendig: „Der öffentliche Dienst hat traditionell weniger Fluktuation als der private Sektor, die Laufbahnen dauern länger. Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger können hier für frischen Wind sorgen, den Austausch fördern und neue Ideen hereinbringen.“

Neue Perspektiven

Für Miriam Kröll fühlte sich der Umstieg in die Verwaltung wie ein Seitenwechsel an. Zwölf Jahre lang  hatte die Innsbruckerin als Journalistin bei der „Tiroler Tageszeitung“ gearbeitet – und in dieser Rolle regelmäßig auch aus dem Innsbrucker Rathaus berichtet. Mit 24 Jahren war sie „Tiroler Journalistin
des Jahres“, 2014 zählte sie das Branchenportal „newsroom.de“ zu den engagiertesten „500 Medienfrauen“ im deutschsprachigen Raum. „Und trotzdem bin ich noch im selben Jahr von einem Medienunternehmen in den öffentlichen Dienst gewechselt“, erzählt die heute 40-Jährige.

„Ich hatte damals auch Wechselangebote privater Unternehmen, doch die Aufgabe in der Stadt hat mich am meisten gereizt.“ Im Rathaus war genau ihr Know-how gefragt: Gleich im ersten Jahr nach ihrem Quereinstieg konzipierte und koordinierte Kröll den Relaunch des Infomagazins der Stadt mit einer Printauflage von 60.000 und des Webportals „ibkinfo.at“ sowie den Ausbau der Social-Media-Kanäle. Im Jahr 2018 übernahm sie dann die Leitung des Amtes „Bürgerservice und Außenbeziehungen“. Das war nach der Geburt ihres ersten Kindes. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein großer Pluspunkt im Verwaltungsdienst“, sagt sie. „Ich konnte direkt nach dem Mutterschutz in Vollzeit wiedereinsteigen. Das ging natürlich nur, weil ich eine Homeoffice-Vereinbarung hatte. Wohlgemerkt: Schon vor der Corona-Pandemie! Ich glaube nicht, dass das in der Privatwirtschaft in dieser Form möglich gewesen wäre.“

Miriam Kröll wandelte sich von der angesehenen Journalistin zur Leiterin des Amtes für Bürgerservice und Außenbeziehungen im Innsbrucker Rathaus.
Foto: Die Fotografen

Die größte Umgewöhnung im neuen Job bedeutete für Kröll die Arbeit hinter den Kulissen – das  kennenlernen der Verwaltungsstrukturen, die zwingenden rechtlichen Vorgaben, die genaue Dokumentation des eigenen Tuns. „Diesen mitunter anstrengenden, aber notwendigen Teil der Arbeit hatte ich als Journalistin gar nicht auf dem Schirm“, erzählt sie. „Überhaupt war es spannend, wie sich mein Blick aufs Rathaus verändert hat, durch den ich die Entscheidungswege und Strukturen noch besser nachvollziehen konnte.“

Jeder Umstieg, sagt Kröll, brauche ein gewisses Maß an Anpassung: „Ich finde es ganz wesentlich, dass man sich als Quereinsteigerin das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen erarbeiten muss. Das war gerade in meinem Fall wichtig, weil ich ja in der Rolle als kritische Journalistin gerade auch auf Mängel im System aufmerksam gemacht hatte. Und nun war ich plötzlich Teil davon.“

Argument Gleitzeit

Der Quereinstieg in die Verwaltung war aber auch zu jenen Zeiten möglich und populär, als im Bundesdienst ein „Aufnahmestopp“ galt, also in den Jahren vor 2015. Ab 2009 durften jährlich mehrere
hundert Bundesbeamtinnen und -beamte, die bei der Österreichischen Post AG und der Telekom Austria voraussichtlich bald nicht mehr gebraucht worden wären, ins Finanz-, Innen- oder Justizministerium wechseln.

Maria Kohlberger war damals eine der Ersten, die den Übertritt wagten. „Ich hatte 22 Jahre bei der Post gearbeitet, davon 15 Jahre als Filialleiterin. Als ich dann ins Finanzamt Linz kam, musste ich in vielen Bereichen ganz von vorne anfangen“, erinnert sie sich heute an ihren Jobwechsel mit 43 Jahren. Kohlberger durchlief die Grundausbildung und die Funktionsausbildung im Infocenter, eignete sich das nötige steuerrechtliche Wissen an und wurde keine drei Jahre nach dem Umstieg erneut in eine Leitungsposition befördert. „Die Erfahrung, die man als ‚ältere‘ Einsteigerin mitbringt, kann sicherlich ein
Startvorteil in der neuen Organisation  sein“, meint Kohlberger.

„Man hat als erfahrene Beamtin für sich schon ein gewisses Arbeitssystem entwickelt, in dem man sich wohlfühlt und effizient arbeiten kann.“ Was sie an ihrer neuen Dienststelle im Gegensatz zur alten von Beginn an schätzte, war das Gleitzeitmodell: „Als ich wechselte, ging meine Tochter noch in die Schule. Die flexiblen Arbeitszeiten haben mir das Leben als Mutter mit einem Schlag erleichtert. Früher bei der Post musste ich fixe Arbeitszeiten einhalten.“

Die vormalige Postbeamtin Maria Kohlberger ergriff die Chance zum Wechsel in die Finanzverwaltung. Ihre Leitungserfahrung zählte auch an der neuen Dienststelle.
Foto: BMF/FAÖ

Aber kann das Administrieren von Gesetzen überhaupt ein Traumberuf sein? Ist das nicht ein ziemlich trockenes Tagesgeschäft? „Ganz und gar nicht“, sagt Martina Frühwirth. „Ich finde es großartig, dass die Richtschnur unseres Handelns die Gesetze sind – also das Ergebnis eines demokratischen Prozesses. Wer administriert, der übernimmt so etwas wie die Qualitätssicherung des öffentlichen Lebens. Wir hier zum Beispiel müssen den öffentlichen Raum für alle Menschen gestalten. Also auch für jene, die in der Politik nicht zu Wort kommen oder nicht wählen dürfen. Ich kann ganz direkt für mehr Gerechtigkeit in der Stadt sorgen.“

Arbeit und Wirkung

Ähnlich sieht das Maria Kohlberger, die im Finanzamt-Infocenter „den idealen Arbeitsplatz“ für sich entdeckt hat: „Der Kundenverkehr ist das, was ich schon in meiner vorigen Arbeit geliebt habe. Es ist ein gutes Gefühl, ‚ganz normalen Menschen‘ helfen zu können. Gerade beim Thema Steuern, wo sich viele
schnell verlieren.“ Womit wir wieder bei der Verwaltungsarbeit als fundamentalem Dienst am Zusammenleben der Menschen wären. So wie es auch Martina Frühwirth beschreibt, wenn sie am Ende eines Arbeitstages hinaus auf die Straße tritt und direkt am Meidlinger Markt steht. Eine belebte, bewegte, auch vom Stadtbild her unruhige Gegend. „Was ich mir vor meiner Zeit in der Verwaltung niemals erwartet hätte“, sagt sie, „ist, wie schwer ich die Arbeit ‚abschalten‘ kann. Denn wohin ich auch gehe, sehe ich die Auswirkungen meiner Arbeit in der Praxis.“

Karrierechancen.

Auf der Jobbörse des Bundes lässt sich die Liste der freien Stellen im Dienst der Republik durchsuchen. Nach der Registrierung können Interessierte auch ein Karriereprofil anlegen oder einen „Jobagenten“ einrichten, der sie stets über neue Angebote informiert.

jobboerse.gv.at
In urbanen Lebensräumen werden schon heute immer mehr Daten miteinander vernetzt. Vieles wird für die Bewohnerinnen und Bewohner dadurch einfacher. Smart-City-Ansätze können bei der Lösung gegenwärtiger und zukünftiger Probleme helfen, doch sie bergen auch Risiken.

Text: Jana Maria Unterrainer

 

Mehr als die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher lebt heute in Städten und dieser Anteil wird künftig weiter steigen. Aber wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Wie werden wir in ihr leben und arbeiten?

Nach Schätzungen der Weltbank werden 2050 weltweit sieben von zehn Menschen in Städten wohnen. Große Herausforderungen, wie etwa der Umgang mit dem Klimawandel, verlangen nach Lösungen. Fest steht, dass wir stärker von Technologien profitieren werden. Das sogenannte Internet of Things (IoT) wird immer wichtiger. Mehr und mehr Gegenstände, Wohnräume und öffentliche Orte werden mit dem Internet verbunden, und sie generieren und verarbeiten digitale Daten. In vielen Privathaushalten helfen Sensoren bei der Regulierung der Raumtemperatur oder verrichten Staubsaugerroboter ihren Dienst. Auch der öffentliche Raum wird zunehmend digital: An Bauwerken und Pflanzen angebrachte Sensoren liefern schon heute wertvolle Umweltdaten. Die Stadt der Zukunft wird eine Smart City sein.

In Städten und Gemeinden soll eine nachhaltige und vielfältige Fortbewegung ermöglicht werden. Damit auf Autos mit Verbrennungsmotor verzichtet werden kann.
Fotos: Wien 3420 aspern Development AG/Daniel Hawelka, Luiza Puiu

Doch was sind Smart Cities beziehungsweise Smart Regions? Auf diese Frage haben Fachleute unterschiedliche Antworten. Für die Datenexpertin Marlies Temper von der Fachhochschule St. Pölten sind Smart Cities „vernetzte Städte, die Daten sammeln und aus diesen Wissen extrahieren, um damit das Wohlbefinden der Bevölkerung zu steigern“. Durch digitale Lösungen sollen Städte und Regionen effizienter im Umgang mit Problemen werden. Anhand der Daten von sogenannten Umweltsensoren lässt sich zum Beispiel ermitteln, wo neue Parks oder Grünanlagen sinnvoll wären oder an welchen Orten ideale Bedingungen für Photovoltaikanlagen herrschen. Auch unsere Mobilität wird sich durch das IoT verändern. So kann mittels digitaler Live-Daten festgestellt werden, wie ausgelastet eine Straßenbahnlinie ist.

Informatiker Schahram Dustdar von der Technischen Universität Wien hält das Label Smart Cities für „sehr geduldig“, denn ganz unterschiedliche Projekte bekämen es zurzeit verliehen. Ein loser Bezug zum Thema genüge schon, um neue Initiativen in der Stadt entsprechend zu branden, beobachtet der Experte. Zugleich sieht er in dem Ansatz großes Potenzial. Mit der digitalen Datenvernetzung werde es möglich, „neuartige Dienste anzubieten, die es vorher nicht gab“. So können heute etwa medizinische Untersuchungsergebnisse dank Vernetzung ortsunabhängig von verschiedenen Gesundheitsdienstleistern abgerufen werden.

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung gilt es laut Dustdar vor allem die starke Fragmentierung aufzulösen, um die Synergien der Smart-City-Konzepte zu nutzen. Er zieht dabei den Vergleich zum menschlichen Körper: „Wir haben eine bestimmte Wahrnehmung unseres eigenen Körpers. Aber in Wirklichkeit sind es Milliarden von Zellen und Bakterien, die in uns zusammenarbeiten müssen, ohne dass wir es bemerken.“ Für „smarte“ Projekte in der  Verwaltung brauche es daher einen ganzheitlichen Blick, um Potenziale zu erkennen.

Was nützt die Technik, die nicht verwendet wird?

Bei Smart Cities beziehungsweise Smart Regions gehe es darum, wie das „Leben des Einzelnen und der Communitys beziehungsweise einer ganzen Stadt vernetzter gestaltet“ werden könne, sagt Dustdar. Die „Smart Cities Initiative“, eine Kooperation des Klimaund Energiefonds sowie des Klimaschutzministeriums (BMK), hat Ziele für österreichische Projekte definiert. Konkret soll mittels Datenvernetzung die Lebensqualität der Menschen gesteigert und der Ressourcenverbrauch minimiert werden. Ein solches Smart-City-Konzept hat etwa die Stadt Wien.

Der Einstieg in das Thema beginne mit der Frage nach dem zugrundeliegenden Stadtbegriff, sagt Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien im Geschäftsbereich Bauten und Technik. In seiner Zukunftsvision steht die Stadt als lebendiger Organismus im Zentrum. Madreiter und sein Team arbeiten deswegen an einem Stadtmodell, welches „das Soziale in den Mittelpunkt rückt“. Dazu wurden für Wien Ziele festgelegt, die sich an den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen orientieren. Das oberste Gebot ist, dass Wien bis 2040 klimaneutral sein soll. Auf der nächsten Ebene gilt es, die hohe Lebensqualität für alle Wienerinnen und Wiener zu erhalten und dabei soziale Aspekte zu bedenken. Drittens liege es den Planerinnen und Planern der Bundeshauptstadt am Herzen, Forschung und Innovation sowie Bildung als Basis für eine smarte Stadt voranzutreiben, betont der Planungsdirektor.

„Smart Cities sind vernetzte Städte, die Daten sammeln und aus diesen Wissen extrahieren, um das Wohlbefinden der Bevölkerung zu steigern.“

Marlies Temper, Datenexpertin FH St. Pölten

Die Seestadt Aspern wurde als Kooperationsprojekt der Stadt Wien und des Bundes ins Leben gerufen, um die Stadtentwicklung in der schnell wachsenden Metropole voranzutreiben. Sie war von Beginn an als Laboratorium angelegt, in dem die Smart City der Zukunft erprobt werden sollte. Bis heute ist eine eigene Forschungseinrichtung dort untergebracht, die sich mit Energienutzung befasst. Madreiter hält es für entscheidend, nicht bloß Neues zu implementieren, sondern auch zu untersuchen, wie Innovationen von der Bevölkerung angenommen werden. Wie gehen etwa die Bewohnerinnen und Bewohner der Seestadt Aspern mit den neuen Möglichkeiten um? Das Forschungsteam beobachtet dazu einzelne Wohnungen und das Verhalten der Menschen dort.

Als Beispiel nennt der Planungsdirektor der Stadt Wien die „Smart Meter“: Manche Menschen würden in den digitalen Zählgeräten zur Erfassung des Stromverbrauchs eine Bedrohung durch mehr Überwachung vermuten. Daher müsse man das Projekt gut erklären. Es gehe darum, „die technischen Möglichkeiten mit den sozialen Potenzialen und Optionen in Einklang zu bringen“, sagt Thomas Madreiter. Die Stadt Wien möchte dabei nicht mit erhobenem Zeigefinger auftreten, wie Madreiter am Beispiel des Individualverkehrs erklärt: „Es ist unser Job als öffentliche Verwaltung, den Menschen Strukturen anzubieten, die sie selbst merken lassen, dass sie kein Auto mehr besitzen müssen, wenn es klügere Alternativen gibt.“ Seiner Einschätzung nach wird das Privatauto in der Stadt schon bald der Vergangenheit angehören. Unerlässlich sei aber die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger, betont Madreiter. Die Stadt Wien hat daher mehrere Bürgerbeteiligungsprojekte ins Leben gerufen. Ein Beispiel sind die sogenannten Klimateams, die Ideen mit positiver Klimawirkung entwickeln. 2022 entstanden in diesem Rahmen 102 Projektskizzen, von denen 19 in den nächsten zwei Jahren umgesetzt werden sollen.

Internationale Vorbilder für die Städte der Zukunft

Smart Cities sind keine österreichische  Erfindung, entsprechende Konzepte werden auf der ganzen Welt erprobt. Planungsdirektor Thomas Madreiter verweist etwa auf das Stadtkonzept von Barcelona, das Digitalisierung als Beitrag zur Demokratisierung besonders berücksichtigt. Städte wie Amsterdam,
Hamburg oder Kopenhagen seien wiederum Vorbilder, wenn es um Mobilitätslösungen und den effizienten Umgang mit öffentlichen Räumen gehe, sagt er.

Informatiker Schahram Dustdar war beruflich in vielen Ländern der Erde unterwegs. Er ist der Ansicht, dass sich gewisse Smart-City-Konzepte mit der Zeit global durchsetzen und wir schon bald eine Art Standardisierung oder auch Baukastenlösungen erleben werden. Interessante Projekte gebe es im Mittleren Osten, etwa in Abu Dhabi oder Dubai; auch in China werde viel mit Smart Cities experimentiert, berichtet Dustdar. Allerdings gilt China aufgrund der weitreichenden staatlichen Überwachung mittels Gesichtserkennung vielen als Negativbeispiel.

Was darf der Staat über die Menschen wissen?

Die Problematik, dass digitale Technologien für Überwachungszwecke verwendet werden können, erkennt auch Stadtplaner Thomas Madreiter. Entscheidend sind für ihn die politischen Bedingungen in einer liberalen Demokratie: „In Österreich begegnen Menschen einander auf Augenhöhe – das Bild vom Staat als überwachendes System sollte uns nicht leiten.“ Er hält aber auch nichts von Smart-City-Lösungen, die auf eine „Cockpit-Perspektive“ setzen, bei der wenige Menschen viele beobachten und bewerten. Generell sei es kein Problem, dass der Staat Daten nutze, findet Schahram Dustdar. Vielmehr gehe es um grundlegende Fragen: Mit welchen Absichten werden die Daten genutzt? Welches Menschenbild liegt ihrer Verwendung zugrunde? Bei der Vernetzung digitaler Daten stehe schließlich immer deren „Nutzbarmachung“ im Vordergrund, ob durch den Staat zum Wohl der Bevölkerung oder durch IT-Konzerne wie Google oder Facebook für ihre Geschäftsinteressen.

Der Privacy-Experte Peter Kieseberg von der FH St. Pölten sieht Smart-City-Technologien kritisch, vor allem wenn sie zur Terrorbekämpfung eingesetzt werden. Der Staat sollte davon absehen, einzelne Menschen zu tracken, fordert er. Falls über Methoden wie Gesichtserkennung im öffentlichen Raum nachgedacht werde, müsse es dafür strenge rechtliche Rahmenbedingungen geben. Auf europäischer Ebene sei man sich dieser Problematik bewusst und versuche aktiv gegenzusteuern, sagt Datenexpertin Marlies Temper. So soll die EU-Verordnung über Künstliche Intelligenz („AI Act“) etwa die Bewertung einzelner Personen hinsichtlich ihres Verhaltens verhindern, wie dies in China geschieht. Bereits mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) habe die EU dafür einen wichtigen Grundstein gelegt, sagt Privacy-Experte Kieseberg. Denn darin stehe ausdrücklich, dass die Datensouveränität beim Individuum liege. Hier sei ein deutlicher Unterschied zum chinesischen Datenverständnis erkennbar.

Kieseberg und Temper sind sich einig: Auf keinen Fall sollte die Angst vor Überwachung uns davon abhalten, die Entwicklung von Smart Cities voranzutreiben; allerdings müsse der Fokus auf der großen Menge an verfügbaren Daten liegen, die ohne Personenbezug sind. Nach ihrer Ansicht sollte die öffentliche Verwaltung vor allem bestehende Projekte fördern und in die Ausbildung zukünftiger Expertinnen und Experten investieren. Damit die digital vernetzten, „smarten“ Städte der Zukunft auch lebenswert sind.

Transformation.

Österreichs Städte und Gemeinden im Sinne des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit zu umzugestalten – das ist das Ziel der „Smart Cities Initiative“. Bisher wurden 155 Stadtprojekte und zwölf Begleitmaßnahmen durch den Klima- und Energiefonds gefördert.

www.smartcities.at
Korruption schwächt den Rechtsstaat und erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung in Verwaltung und Politik. Um einen sauberen öffentlichen Dienst sicherzustellen, gibt es klare Compliance-Richtlinien – samt Hilfestellungen für ihre Umsetzung im Berufsalltag.

Text: Sabina König

 

Eine kleine Essenseinladung hier, ein persönlicher Gefallen da, eine ungemeldete Nebenbeschäftigung dort: Öffentlich Bedienstete sind immer wieder mit Situationen konfrontiert, die ihre Integrität auf die Probe stellen. Oft sind es scheinbar harmlose  Handlungen, die schwerwiegende Auswirkungen auf das Image einer Institution haben und sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Dabei ist transparentes, pflichtbewusstes Vorgehen besonders für Verwaltungsbedienstete unverzichtbar, denn sie tragen eine hohe Verantwortung: Es geht nicht nur darum, sich selbst zu schützen, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit zu sichern, dass dienstliche Aufgaben zuverlässig und sachlich wahrgenommen werden.

Hohe Bandbreite an Verstößen

Das Thema Compliance ist in den vergangenen Jahren nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch in der öffentlichen Verwaltung angekommen. Unter Compliance versteht man die Einhaltung von Gesetzen und sonstigen Vorschriften. Compliance Management umfasst alle Maßnahmen zur Förderung von Rechtstreue und zur Verhinderung von Regelverstößen. Eine komplexe Aufgabe, denn die Bandbreite an Ursachen für Verfehlungen ist groß.

„Verstöße können aus Schlampigkeit, Unwissenheit oder Demotivation heraus passieren, oder auch auf ein hohes Maß an krimineller Energie zurückzuführen sein. Ein gutes Compliance-Management-System muss all diese Fälle abdecken“, erklärt Rene Wenk, Direktor des Landesrechnungshofes Burgenland und Experte für Compliance bei Transparency International. Den wichtigsten Erfolgsfaktor sieht Wenk in einem klaren Bekenntnis der Führungsebene zur Bedeutung des Themas.

Um in heiklen Situationen richtig zu reagieren, bietet die Verwaltungsakademie des Bundes In-House-Schulungen zum Thema Compliance an. Das Kursprogramm wird auf die jeweilige Dienststelle zugeschnitten.
Fotos: Alex Halada/AFP/picturedesk.com, BMKÖS

Verhaltenskodex als Hilfestellung

Über die aktuellen Richtlinien informiert der stellenübergreifend geltende Verhaltenskodex, der von der Sektion Öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS) zur Verfügung gestellt wird. Dieser wurde von über 50 Expertinnen und Experten entwickelt und erläutert auf Grundlage der Rechtslage, wo
Interessenkonflikte und korruptionsgefährdete Situationen auftauchen können und wie sie sich bewältigen lassen. „Mit einem Addendum können Ministerien und andere öffentliche Institutionen das Dokument in Abstimmung mit der  Verwaltungsakademie des Bundes an ihre spezifischen Erfordernisse anpassen“, erklärt Gregor Weber, Jurist im BMKÖS.

Das zugehörige E-Learning-Tool erlaubt einen niederschwelligen, interaktiven Zugang zum Thema, der gut ankommt: „Von November 2020 bis Dezember 2021 zählte das E-Learning-Tool 33.556 Unique Visitors“, freut sich Sandra Rauecker-Grillitsch, Leiterin des Referats III/6/c – Vernetzung und Koordination im BMKÖS. Der Verhaltenskodex ist ein wichtiger Puzzlestein, zusätzlich braucht es aber interne Kontrollsysteme, um auch absichtlichen Korruptionsbestrebungen einen Riegel vorzuschieben.

„Verstöße können aus Schlampigkeit, Unwissenheit oder Demotivation heraus passieren, oder auf kriminelle Energie zurückzuführen sein.“

Rene Wenk, Direktor LRH Burgenland

Risiken sorgfältig abwägen

Mit welchen Folgen im Fall eines Regelverstoßes zu rechnen ist, hängt von der Art des Vergehens ab: Die Speerspitze sind strafrechtlich relevante Verfehlungen wie Bestechung, die mit hohen Geld- oder sogar Haftstrafen geahndet werden. Häufiger sind Verstöße gegen das Dienstrecht wie etwa eine verbotene Geschenkannahme, hier kann es immerhin zu Entlassungen kommen. Strenger sind üblicherweise organisations- beziehungsweise stellenspezifische Vorgaben. „Organisationen müssen sich im Rahmen ihres Risikomanagements die Frage stellen, welche Verhaltensweisen oder Verstöße für sie besonders sensibel sein können. Interne Regelungen können dann auch strenger als gesetzliche Vorgaben sein“, erläutert Rene Wenk.

Die Verwaltungsakademie des Bundes verfolgt das Ziel, öffentlich Bedienstete zu befähigen, in korruptionsgefährdeten Situationen richtig zu reagieren, wie Referatsleiterin Rauecker-Grillitsch erklärt. Das bereits umfassende Schulungsangebot soll noch weiter ausgebaut werden und fußt auf mehreren Säulen: Das Thema „Korruptionsprävention, Compliance und Integrität“ ist Teil der Grundausbildung und Gegenstand von Seminaren und Online-Trainings, die sich unterschiedlichen Schwerpunkten widmen. Zur Verfügung stehen Weiterbildungsangebote und In-House-Schulungen, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Dienststelle ausgerichtet sind und häufig in Anspruch genommen werden.

Wie Gregor Weber, selbst Vortragender an der Verwaltungsakademie, ausführt, sind die Bereiche Auftragsvergabe und Förderung, Vertragsabschluss, Leistungskontrolle und Vertragsüberwachung sowie behördliche Aufgaben wie Genehmigungsverfahren,  Aufsicht oder Kontrolle besonders sensibel.

Bewährter Massnahmenmix

Auch im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) setzt man in puncto Compliance auf ein umfassendes Schulungs- und Beratungsangebot. „Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet die Maxime. „Die Compliance-Verantwortlichen beraten Führungskräfte und Bedienstete bezüglich der zunehmend komplexer werdenden Gesetzeslage ebenso wie zu ressortinternen Verhaltensgrundsätzen“,
erklärt Chief Compliance Officer Bernd Novotny. Ein Compliance-Seminar ist sowohl Teil der Grundausbildung als auch des Weiterbildungsangebots.

Alle Führungskräfte des BMAW haben einmal im Jahr ein von den Compliance-Verantwortlichen speziell gestaltetes E-Learning-Programm mit anschließendem Wissenstest zu absolvieren. Ebenfalls bewährt haben sich Gespräche der Compliance-Verantwortlichen mit neu bestellten Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern in informellem Rahmen, die auch dem Abklären von Unsicherheiten im Zusammenhang mit Compliance-Fragen dienen. Großer Wert werde auf einfach zugängliche Informationen gelegt, erklärt Novotny: „Wo beispielsweise früher in einem Dokument der Verweis auf gesetzliche Bestimmungen genügt hätte, bieten wir heute prägnante Zusammenstellungen der Compliance-Vorgaben. In der Regel auch verbunden mit einer Prozessbeschreibung. Besonders relevante Richtlinien oder Rundschreiben werden mit eigens dafür erstellten Kurzvideos begleitet.“

„Wo früher in einem Dokument der Verweis auf gesetzliche Bestimmungen genügt hätte, bieten wir heute prägnante Zusammenstellungen der Compliance-Vorgaben.“

Bernd Novotny, Chief Compliance Officer (BMAW)

Verschärfungen notwendig

Trotz all dieser Maßnahmen gibt es für  den Compliance-Experten Rene Wenk noch viel Luft nach oben, was Transparenz im öffentlichen Dienst angeht. Nachgeschärft werden sollte etwa beim Korruptionsstrafgesetz, beim Informationsfreiheitsgesetz oder bei der Transparenz von Vergabeverfahren, sagt er. „Im Corruption Perceptions Index von Transparency International rutscht Österreich immer weiter ab. Das liegt auch daran, dass Transparenzbemühungen im Vergleich zu den öffentlichkeitswirksamen Vorwürfen gegen manche Politiker kaum wahrgenommen werden“, erklärt Wenk, der sich trotzdem zuversichtlich zeigt: Vor 15 Jahren habe man das Wort Korruption kaum in den Mund nehmen dürfen, heute werde öffentlich über die Problematik gesprochen, es gebe Standards und Guidelines. Auch die fortschreitende Institutionalisierung von Compliance-Management-Systemen lässt Wenk hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.

Kontakt.

Zum Thema Korruptionsprävention, Compliance und Integrität sind die Verwaltungsakademie des Bundes und die Abteilung Allgemeines
Dienst- und Besoldungsrecht und Koordination Dienstrecht im BMKÖS die richtigen Ansprechpartner.

www.bmkoes.gv.at
Das Bundesrechenzentrum feiert die ersten 25 Jahre seines Bestehens. Der IT-Dienstleister für die öffentliche Verwaltung hat schon vieles umgesetzt, doch Projekte und Services wie FinanzOnline, der Digitale Führerschein oder das „digitale Amt“ oesterreich.gv.at sind nur der Beginn des Weges zum automatisierten Amtsverkehr.

Text: Andrea Sturm

 

Mit der laufenden technischen Veränderung haben sich auch die Aufgaben des Bundesrechenzentrums (BRZ) stark gewandelt, erzählt Roland Ledinger, technischer Geschäftsführer, zuständig für Kundenmanagement, Betrieb und Entwicklung: „Mit der Ausgliederung aus dem Ministerium und dem Wandel zur GmbH hat sich auch der Fokus geändert: Ursprünglich ging es um Rechenzentrumsleistung, mittlerweile sind wir Full Service Provider für die öffentliche Verwaltung des Bundes. In diesem Bereich können wir Lösungen effizient und zielgerichtet umsetzen, weil wir die Anforderungen sehr gut kennen.“

Digitale Geschichte

Das Bundesrechenzentrum wurde 1997 gegründet, doch die digitale Geschichte Österreichs beginnt schon Jahrzehnte zuvor. Bereits Anfang der 1970er Jahre wurde das Bundesrechenamt eingerichtet, das vor allem auf die Aufgaben der Bundeshaushaltsführung konzentriert war. Mit der fortschreitenden technischen Entwicklung und den Möglichkeiten, die sich auch für Verwaltung und öffentliches Leben daraus ergaben, wurden die Aufgaben komplexer. Die von der Bundesregierung definierten Ziele in Bezug auf die Interaktion mit der Bevölkerung, die betriebswirtschaftliche Ausrichtung der IT und eine technische Standardisierung führten schließlich zur Gründung der Bundesrechenzentrum GmbH, die zur Gänze im Eigentum der Republik Österreich steht.

„Das Recruiting hat sich auch bei uns sehr stark verändert. Derzeit sind wir es, die sich bei den Kandidatinnen und Kandidaten bewerben.“

Christine Sumper-Billinger, Kaufmännische Geschäftsführerin

Das Bundesrechenzentrum mit Sitz in Wien treibt die Digitalisierung des öffentlichen Sektors in Österreich voran.
Fotos: BRZ/Alek Kawka, Ian Ehm/Verlagsgruppe News/picturedesk.com

Eine Basisfinanzierung durch die Regierung erhält die Einrichtung nicht. „Das BRZ ist ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen und verrechnet marktkonforme Preise“, erklärt Christine Sumper-Billinger, die als kaufmännische Geschäftsführerin für die Bereiche Finance & Legal sowie HR zuständig ist. Das Unternehmen ist nicht gewinnorientiert: „Wir agieren auf Basis des Kostendeckungsprinzips. Überschüsse werden einerseits als Gutschriften an die Auftraggeber zurückgegeben, andererseits den Rücklagen des Unternehmens zur Finanzierung digitaler Innovationen für die Verwaltung zugeführt.“

Personal als Asset

Derzeit sind es um die 1.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im BRZ Kundenprojekte umsetzen und Innovationen ertüfteln, 100 offene Stellen warten auf geeignete Bewerberinnen und Bewerber. „Das Recruiting hat sich auch bei uns sehr stark verändert. Derzeit sind wir es, die sich bei den Kandidatinnen und Kandidaten bewerben“, erzählt Christine Sumper-Billinger. Bei der Suche nach Personal spielen soziale Medien eine wichtige Rolle. Die Präsenz des BRZ auf Facebook, LinkedIn, YouTube, Twitter und Instagram ist darauf ausgerichtet, Interesse an den vielfältigen Karrierechancen zu wecken.

Denn die Zufriedenheit mit den Aufgaben ist neben angemessener Bezahlung und der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, mittlerweile eine wesentliche Anforderung beim Recruiting. „Wir haben das Glück, dass unsere Projekte als sinnstiftend wahrgenommen werden“, sagt Christine Sumper-Billinger, „bei uns gestaltet man die IT eines Landes und erleichtert den Bürgerinnen und Bürgern den Umgang mit der Verwaltung, das ist ein Beitrag zum Gemeinwohl.“ Die Aktivitäten wurden bereits mehrfach mit dem Best Recruiters Award ausgezeichnet, aber auch auf diesem Gebiet gilt es, sich stetig weiterzuentwickeln. „Wir waren heuer erstmals auf einer Gaming-Messe, und seit kurzem ist das BRZ auch auf TikTok vertreten“, verrät die Geschäftsführerin.

Zudem bietet das BRZ auch Aus- und Weiterbildung an, um das Potenzial seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern, und achtet darauf, persönliche Stärken zu unterstützen. An Projekten arbeiten im BRZ eingespielte Teams, von der Ideenfindung und Konzeption über die konkrete Umsetzung und Abwicklung bis hin zum Monitoring des laufenden Betriebs. Die Verteilung der Aufgaben hängt nicht zuletzt von deren Umfang ab, erklärt Roland Ledinger: „Es gibt Projekte, die innerhalb eines Teams abgewickelt werden. Andere werden von fünf bis sechs Teams gleichzeitig bearbeitet.“

„Wir arbeiten daran, Verwaltungsaufgaben im Hintergrund zu erledigen, ohne dass sich die Menschen aktiv darum kümmern müssen.“

Roland Ledinger, Technischer Geschäftsführer

„Auch die Verwaltung wird sich in Zukunft stärker mit Automatisierung auseinandersetzen müssen“, ist Roland Ledinger überzeugt. Augmented Reality, Robotics und künstliche Intelligenz helfen schon jetzt beispielsweise dabei, Fotos oder Akten zu anonymisieren. Gemeinsam mit seinem Auftraggeber, dem Bundesministerium für Justiz, wurde das BRZ kürzlich mit dem eAward 2022 in der Kategorie „Machine Learning und künstliche Intelligenz“ ausgezeichnet.

Die automatisierte Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen, vor deren Veröffentlichung die Namen von Beschuldigten geschwärzt werden müssen, Richterinnen und Richter sowie Rechtsvertreterinnen und Rechtsvertreter aber lesbar bleiben sollen, hatte die Jury überzeugt. Die Arbeit in vernetzten Teams ermöglicht auch die Entwicklung von Lösungen, die projektübergreifend eingesetzt werden können, etwa eigene Verfahren zur Identitätsbestätigung in einer Videokonferenz.

Europäisch denken

Während die technischen Möglichkeiten seit der flächendeckenden Verbreitung des Internets nahezu grenzenlos sind, gibt es vor allem in der öffentlichen Verwaltung auch juristische Hintergründe zu beachten. „Eine eventuelle internationale Datenvernetzung hängt von den rechtlichen Möglichkeiten ab, aber wir sind über EURITAS in ständigem Wissensaustausch mit anderen öffentlichen IT-Dienstleistern in Europa“, erzählt Roland Ledinger. „Ein Schwerpunkt ist derzeit, die Cloudtechnologie so zu etablieren, dass wir innereuropäisch Lösungen austauschen können.“

Dafür müssen Standards implementiert werden, um etwa Rechenleistung von anderen Zentren zu übernehmen. Der österreichische Digitale Führerschein basiert etwa auf einem ISO-Standard, um den internationalen Datenaustausch über Schnittstellen zu ermöglichen, wenn der gesetzliche Rahmen geklärt ist. „Diese Lösung läuft bereits auf einer cloudfähigen Plattform im BRZ, andere Mitgliedstaaten könnten sie sofort übernehmen“, so Ledinger.

Roland Ledinger und Christine Sumper-Billinger bilden die Geschäftsführung des BRZ.
Foto: Klaus Vyhnalek

Strategien und Zukunftspläne sind in einem schnelllebigen Bereich wie der Digitalisierung essenziell – und gleich-zeitig besonders schwierig. Die Ausrichtung des BRZ ist in jedem Fall, die Kommunikation zwischen der öffentlichen Verwaltung und der Bevölkerung zu verbessern, ohne dabei selbst im Vordergrund zu stehen. „Unser Ansatz ist, die Bürgerin und den Bürger mit administrativen Angelegenheiten so wenig wie möglich zu belasten“, betont Roland Ledinger. „Der Mensch steht im Mittelpunkt. Anders als andere Marktteilnehmer wollen wir nicht mehr Frequenz für unsere Services generieren, sondern im Gegenteil: Notwendige Administration soll so ablaufen, dass man es gar nicht merkt.“

So, wie beim Abschluss einer Autoversicherung die Anmeldung des Kfz automatisch erfolgt, lassen sich auch in vielen öffentlichen Bereichen vergleichbare Automatismen denken: etwa bei der Ummeldung des Wohnsitzes nach Abschluss eines Mietvertrags oder bei der Anmeldung am Standesamt nach einer Geburt, ohne dass der Prozess persönlich initiiert werden muss. „Wir arbeiten daran, Verwaltungsaufgaben zunehmend im Hintergrund zu erledigen, ohne dass sich die Menschen aktiv darum kümmern müssen“, fasst Roland Ledinger zusammen.

Moderne Methoden.

Das Bundesrechenzentrum beschäftigt sich laufend mit Innovationen auf dem IT-Markt. Als zentrale Stelle für neue Wege der Ideenfindung betreibt das BRZ eine bereichsübergreifende Innovation Factory. „Thinking outside the box“ ist dort ausdrücklich erwünscht.

www.brz.gv.at
Seine schiere Größe und das historische Gewicht seiner Bestände machen das Österreichische Staatsarchiv zu einem der bedeutendsten Orte der Forschung in Europa. Das Publikum wird immer vielfältiger, die Nutzung immer digitaler.

Text: Clemens Stachel

 

Rein äußerlich versprüht das Österreichische Staatsarchiv unverkennbar den Charme der 1980er Jahre. Der massive Zweckbau in der Wiener Nottendorfer Gasse verleugnet weder Herkunft noch Bestimmung: Was zählt, sind die inneren Werte. Im Jahr 1987 wurde das neue Zentralarchiv eröffnet – damals ein Pionier auf dem unbebauten Erdberger Mais. Zum ersten Mal seit seiner Gründung im Jahr 1945 waren alle Abteilungen des Staatsarchivs in einem Gebäude vereint. Alle bis auf eine: Die Bestände des alten Haus-, Hof- und Staatsarchivs blieben, wo sie waren – am Minoritenplatz.

„Davor waren die Bestände des Staatsarchivs quer über die Stadt verstreut“, erinnert sich Generaldirektor Helmut Wohnout. „An mehreren kleinen Standorten, die überhaupt nicht als Archive gebaut waren. Ohne Belüftung, ohne Brandabschnitte. Das neue Haus bot endlich die Lagerungsbedingungen, die ein Archiv braucht – mit Brandschutz und Klimaanlage auf der Höhe der Zeit. Und mit einem modernen Lesesaal, der den Forscherinnen und Forschern ein angenehmes Arbeiten ermöglicht.“

Generaldirektor Helmut Wohnout und der Direktor des Archivs der Republik, Rudolf Jeřábek, stöbern im Depot.
Fotos: Österreichisches Staatsarchiv, Marion Pertschy (4)

Unter dem Dach des Österreichischen Staatsarchivs sind vier Abteilungen vereinigt: Neben dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv, in dem unter anderem die Urkundensammlung und der größte Teil der überlieferten Akten des Heiligen Römischen Reiches lagern, sind dies das Allgemeine Verwaltungs- und Hofkammerarchiv, das Kriegsarchiv und das Archiv der Republik (AdR). Letzteres wurde erst in den 1980er Jahren etabliert als jene Abteilung, die im Wesentlichen die Zeit ab 1918 abdeckt. Hier landet also laufend „Bundesschriftgut, das eine Qualität als Archivgut hat“, wie es AdR-Direktor Rudolf Jeřábek zusammenfasst. „Wir sind die Schnittstelle zwischen der aktuellen Verwaltung, der Geschichtsforschung und der Rechtssicherung.“

Zu entscheiden, ob und wann genau ein Akt ins Staatsarchiv wandert, obliegt am Ende freilich den Dienststellen selbst. „Laut Bundesarchivgesetz ist uns Schriftgut ohne personenbezogene Daten nach 30 Jahren ‚anzubieten‘, aber wenn es für die aktuelle Verwaltung weiterhin benötigt wird, nehmen wir es der Dienststelle natürlich auch nicht weg“, so Jeřábek. Denn im Archiv soll nur landen, was als vergangen, als „inhaltlich abgeschlossen“ gelten kann.

Bereits seit 1987 residiert das Zentralarchiv in Wien-Erdberg (unten). Es kann mit 50.000 m2 Speicherfläche in 15 Geschoßen – davon sechs unterirdisch – aufwarten.

Kulturwandel

Klischees sind dazu da, um mit ihnen zu brechen. Und so sollte auch, wer heute das Staatsarchiv als Benutzerin oder Benutzer besucht, klischeebehaftete Vorstellungen von komplizierten Bestellprozeduren und knorrigen Archivaren schon an der Garderobe abgeben. „Früher hatten viele Archivare das Selbstverständnis, wonach sie sich in allererster Linie als Hüter der ihnen anvertrauten Bestände sahen. Der Servicegedanke stand dabei nicht immer im Vordergrund“, erinnert sich Generaldirektor Wohnout an seine eigene Studienzeit. „Da hat ein enormer Paradigmenwechsel stattgefunden: Archivarinnen und Archivare kümmern sich heute durchwegs proaktiv um die Anliegen der Besucherinnen und Besucher, um ihnen die bestmöglichen Voraussetzungen für ihre Forschung anzubieten.“

In den letzten dreißig bis vierzig Jahren habe sich auch das Publikum auffällig diversifiziert, so Wohnout weiter: „Früher haben fast ausschließlich Forscherinnen und Forscher aus dem akademischen Milieu zu uns gefunden. Heute haben wir interessierte Benutzerinnen und Benutzer aus allen Bevölkerungsgruppen im Haus. Ein Hauptgrund dafür ist sicherlich der Boom der Familienforschung.“

„Archivarinnen und Archivare kümmern sich heute durchwegs proaktiv um die Anliegen der Besucherinnen und Besucher.“

Helmut Wohnout

Je größer der Andrang, desto höher die Chance, dass gänzlich unberührte Dokumente auch einmal das gardinengedimmte Tageslicht des Lesesaals erblicken. Und das sind mehr, als man glaubt. „Viele Aktenbestände sind, seit sie abgelegt wurden, komplett unbenützt“, erklärt AdR-Direktor Jeřábek. „Gerade auch aus der Zeit der Ersten Republik gibt es noch reichlich Material, in das noch nie jemand hineingeschaut hat.“ Es sei nun einmal so, stellt der Direktor trocken fest, dass „90 Prozent der Forscherinnen und Forscher sich für dieselben zehn Prozent der Akten“ interessierten.

„Ein Brief wie ein Kunstwerk“, sagt Generaldirektor Wohnout über diese Notiz Gustav Klimts aus dem Jahr 1908 an das damalige Unterrichtsministerium, das gerade sein Bild „Liebespaar“ – später „Der Kuss“ genannt – angekauft hatte.

Digital kommt, analog bleibt

Die Digitalisierung ist eine große Chance, um bislang unbekannte Dokumente abseits der „Trampelpfade“ unter die wissenschaftliche Community zu bringen. Helmut Wohnout macht bei-spielhaft auf ein seit 2007 laufendes Erschließungsprojekt aufmerksam, das die umfangreichen Akten des kaiserlichen Reichshofrats ab dem 16. Jahrhundert erstmals systematisch verzeichnet und sowohl in Buchform als auch digital veröffentlicht. Am Ende des achtzehnjährigen Prozesses wird dieses Verzeichnis 15 Bände umfassen. „Und dann haben wir noch immer erst rund 13 Prozent aller Gerichtsakten des Reichshofrats tiefenerschlossen“, so Wohnout. Historikerinnen und Historiker aus aller Welt können dann on-line einen Blick „in die Kartons“ werfen und ihren Besuch im Archiv effizienter planen.

„Wenn ein Dokument für die aktuelle Verwaltung benötigt wird, nehmen wir es der Dienststelle natürlich nicht weg.“

Rudolf Jeřábek

Das wirft die Frage auf: Warum überhaupt noch anreisen, wenn es doch Scanner und das Internet gibt? „Wir haben viele Anfragen wegen konkreter Dokumente, und gegen eine Gebühr fertigen wir dann gerne extra Scans an und versenden diese“, erklärt Wohnout. „Eine vollständige Massendigitalisierung des Gesamtbestandes ist aber unrealistisch. Das Scannen von Archivgut funktioniert ja anders als bei einem Buch. Jedes Stück Papier hat eine andere Größe, eine andere Qualität, einen anderen Zustand.“ Und doch hat das Staatsarchiv in den vergangenen Jahren bereits über sechs Millionen (!) Einheiten digitalisiert. Wie viel Prozent des gesamten Archivs sind das? Rudolf Jeřábek lächelt: „Ein Bruchteil. Wenn auch ein wichtiger – angesichts der überwältigenden Menge.“

Außerdem gebe es ja auch noch den „Hauch der Geschichte“, wie Wohnout bemerkt: „Einen Akt mit eigenen Augen zu sehen und mit eigenen Händen zu greifen, kann wichtig sein. Es gibt ja bei Dokumenten oft Eigenheiten, etwa handschriftliche Randbemerkungen, denen man am Original viel besser nachspüren kann.“

Darf man also bei einer solchen Menge von Akten, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten ihrer Aufarbeitung harren, auch noch mit echten Sensationsfunden rechnen? „Im Prinzip ja“, sagt Generaldirektor Wohnout. „Wobei die Beurteilung als ‚sensationell‘ natürlich immer subjektiv ist. Einen Fund, nach dem man die österreichische Geschichte der Neuzeit komplett umschreiben müsste, halte ich für unrealistisch. Ich bin aber überzeugt, dass bei uns jeden Tag Forscherinnen und Forscher in ihrem Fachgebiet auf Neues und Unerwartetes stoßen.“

Beim Stöbern im Depot spürt man den „Hauch der Geschichte“.

Vom Herrschafts- zum Staatsarchiv

1749
Kaiserin Maria Theresia gründet das erste zentrale Herrschaftsarchiv des Hauses Habsburg. Die Archivräume befinden sich im Reichskanzleitrakt der Hofburg.

1899–1902
Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv am Minoritenplatz wird als moderner Archivbau errichtet.

1945
Nach dem Ende des NS-Regimes in Österreich wird das Österreichische Staatsarchiv errichtet. Seine Bestände werden allerdings nicht zentral gelagert.

1987
Das neue Zentralarchiv in Wien-Erdberg wird eröffnet. Es kann mit 50.000 m2 Speicherfläche in 15 Geschoßen – davon sechs unterirdisch – aufwarten.

2003
Das Gebäude am Minoritenplatz wird renoviert und auf den konservatorisch neuesten Stand gebracht.

Kontakt.

Wer selbst einmal den Hauch der Vergangenheit spüren will, kann das Österreichische Staatsarchiv besuchen. Aktuelle Öffnungszeiten und Informationen zur Nutzung des Archivs finden sich auf der Website.

www.oesta.gv.at
Was hat der tiefste Punkt Österreichs im burgenländischen Seewinkel mit dem höchsten Gipfel des Landes, dem Großglockner, gemeinsam? Beide sind Teil von Nationalparks, hinter denen mehr steckt als bloß schöne Landschaft.

Text: Rainer Brunnauer-Lehner

 

Die insgesamt sechs heimischen Nationalparks repräsentieren die geballte Vielfalt Österreichs: Von der Steppe der Pannonischen Tiefebene über die Feuchtgebiete der Donau-Auen bis ins Hochgebirge der Ostalpen. Doch ein Nationalpark ist weit mehr als ein landschaftlich markantes Gebiet oder eine regionale Marke. Genau genommen kann ein Staat zwar nach Belieben Schutzgebiete ausweisen, ob sie aber international als Nationalpark anerkannt werden, darüber wacht die IUCN. Die International Union for Conservation of Nature and Natural Resources teilt Schutzgebiete auf der ganzen Welt nach den Zielen ein, die damit verfolgt werden, und danach, wie stark der Mensch in die ausgewiesenen Flächen eingreift.

Die Organisation unterscheidet dabei zwischen sechs Kategorien. Die strengste davon (Kategorie I) wird auch als Wildnisgebiet bezeichnet. Diese Gebiete dienen hauptsächlich dem Schutz und der Forschung, werden sonst aber weitgehend sich selbst überlassen und vor jeglichem Eingriff bewahrt. Schutzgebiete der Kategorie II dienen zusätzlich Erholungszwecken und werden Besucherinnen und Besuchern zugänglich gemacht. Sie entsprechen dem, was allgemein als Nationalpark verstanden wird.

„Strenge Schutzgebiete sind das Einzige, was rasch gegen das Artensterben hilft.“

Thomas Wrbka, Universität Wien

Wann der Mensch eingreift

Die Nationalparks Thayatal, Donau-Auen, Neusiedler See – Seewinkel, Gesäuse, Kalkalpen und Hohe Tauern erfüllen alle strengen Auflagen der IUCN: „Hier wird vom Menschen nur eingegriffen, wenn dies dem Erhalt von Lebensraum und dem Schutz von Ökosystemen dient“, sagt Christian Übl, Obmann des Dachverbands Nationalparks Austria. „Eine Almwiese ist beispielsweise keine unberührte Natur. Der Mensch hat sie geschaffen und pflegt er sie nicht, wächst sie zu und verschwindet. Trotzdem gibt es Tiere und Pflanzen, die nur in dieser sanften Kulturlandschaft leben und im Rahmen des Nationalparks schützenswert sind“, erklärt Übl. Er ist auch Direktor des Nationalparks Thayatal, wo zu den Maßnahmen der Nationalparkverwaltung unter anderem das Entfernen von eingeschleppten Pflanzen (Neophyten) zählt, die heimische Arten sonst verdrängen würden. „Außerdem versuchen wir, Einflüsse von außen auf die Nationalparks zu managen“, sagt Übl. Dazu gehören etwa schwankende Wasserstände durch Wasserkraftwerke oder unerwünschter Nährstoffeintrag durch Düngung auf benachbarten Flächen.

Zu den Aufgaben der Nationalparks zählt unter anderem die Wissensvermittlung. Rangerinnen und Ranger begleiten und unterstützen beim Entdecken der Schutzgebiete. Fotos: Nationalparks Austria/Stefan Leitner

Lebensraum im Föderalismus

Während in vielen Staaten die Bewahrung der Natur als nationale Aufgabe gesehen wird, sind in Österreich die Bundesländer für den Naturschutz verantwortlich. Aufgrund der Bedeutung der Nationalparks arbeiten Bund und Länder aber zusammen und teilen sich die Kosten für Errichtung und Betrieb. Symbolisch für die Zusammenarbeit steht die Vereinbarung von Heiligenblut im Jahr 1971, in der die Landeshauptleute von Kärnten, Salzburg und Tirol die Errichtung eines großen Schutzgebietes festschrieben. Zehn Jahre später machte Kärnten mit seinem Teil des Nationalparks Hohe Tauern den Anfang und schränkte die Erschließung alpiner Flächen für den Skibetrieb sowie die Energiewirtschaft im betroffenen Gebiet ein.

Die Nationalparks sind als Unternehmen, Verein oder Körperschaft öffentlichen Rechts organisiert, ihre Rahmenbedingungen und Bewirtschaftung sind jedoch alle in entsprechenden Landesgesetzen festgelegt. Neben Schutzmaßnahmen und dem Interessenausgleich zwischen Naturschutz, Grundeigentümern, Wirtschaft und öffentlicher Hand gehören die Erhaltung von Erholungsräumen sowie Wissensvermittlung und Forschung zu ihren Aufgaben.

Denn die Schutzgebiete spielen nicht nur für die Erforschung bedrohter Tier- und Pflanzenarten eine wichtige Rolle. Sie sind selbst ein spannender Forschungsgegenstand: Wie wirkt sich zum Beispiel ein Schutzgebiet auf die Biodiversität außerhalb seiner Grenzen aus? Welche Bedeutung Schutzgebiete haben und welchen Beitrag sie zum Kampf gegen das Artensterben leisten, stand im Fokus eines internationalen Forschungssymposiums im September 2022 unter dem Motto „Der Biodiversitätskrise begegnen“.

Veranstalter dieser Konferenz waren die Nationalparks Austria: „Strenge Schutzgebiete sind das Einzige, was rasch gegen das Artensterben hilft. Insofern haben wir die Hoffnung, mit dem Forschungssymposium ein Stück weit auch die Bedeutung von Nationalparks und vergleichbaren Flächen stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen“, sagt Thomas Wrbka von der Universität Wien, der die Konferenz organisierte.

Chancen und Krisen

Neben aktuellen Herausforderungen für die Artenvielfalt wie dem Klimawandel, intensiver Landwirtschaft, der Zersiedelung und dem demografischen Wandel, die Ökosysteme zunehmend belasten, gibt es auch positive Entwicklungen. Mit dem European Green Deal will die Europäische Kommission dem Artensterben und der Klimakatastrophe entgegenwirken. Demnach sollen künftig mehr Flächen nicht mehr intensiv genutzt werden. „Wie Trittsteine durch einen Fluss soll dadurch ein grüner Korridor die Lebensräume von Schutzgebieten wie Nationalparks quer über den Kontinent verbinden“, sagt Christian Übl.

Ein Punkt im Green Deal betrifft die Ausweitung von Schutzgebieten: Bis 2030 sollen zehn Prozent der gesamten Fläche Europas durch ebenso strenge Auflagen wie Nationalparks geschützt werden. In Österreich sind es aktuell gerade einmal drei Prozent. Darüber hinaus verspricht die EU-Kommission zusätzliche Mittel für Renaturierungsmaßnahmen und den Erhalt von Lebensraum.

Dies könnte der in Österreich vergleichsweise jungen Idee der Nationalparks zusätzlichen Schwung verleihen. Denn während die Hohen Tauern mit 42 Jahren das älteste Schutzgebiet der Republik sind, reicht die Geburtsstunde des Konzepts viel weiter zurück: Der weltweit erste Nationalpark (Yellowstone National Park) wurde vom US-Kongress bereits 1872 ausgewiesen.

Informationen.

Wer mehr über die einzelnen Nationalparks wissen will oder einen Ausflug dorthin planen möchte, findet Informationen und das Angebot von Rangerinnen und Rangern auf der Website des Dachverbands Nationalparks Austria.

www.nationalparksaustria.at
Der erfahrene Diplomat Thomas Oberreiter leitet seit November 2021 die Sektion III – Europa & Wirtschaft im Außenministerium, die sich als Vernetzungszentrale für EU-Themen versteht. Im Interview erzählt der Sektionschef, warum er als 27-Jähriger im Verhandlungsteam für den österreichischen EU-Beitritt dabei war, was Europa und Wirtschaft miteinander verbindet und welchen Stellenwert „ein gutes Maß an Neugierde“ in der Diplomatie genießt.

Text: Cornelia Ritzer

 

Herr Botschafter, was sind für Sie die stärksten Anknüpfungspunkte zwischen den Bereichen Europa und Wirtschaft?

Das eine ist ohne das andere nicht denkbar, heute noch weniger als früher. Wir in der Sektion III des Außenministeriums sind zuständig für Österreichs bilaterale Beziehungen zu den anderen EU- und EFTA-Staaten. Und für eine offene, exportorientierte Nation wie Österreich ist die Wirtschaftsdimension wesentlich. Wobei Wirtschaft im weitesten Sinn zu verstehen ist: Wir haben Expertise zum Beispiel für Handelspolitik sowie für Energie-, Klima- und Verkehrspolitik.

Auch leben wir in einer zunehmend digitalen Welt, und unsere Sektion hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Tatsache stärker in die Diplomatie hereinzuholen. Tech Diplomacy und das Aufspüren neuer Trends ist ein großer Zukunftsbereich. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Wirtschaftskammer ein Outlet, eine diplomatische Präsenz Österreichs, im Silicon Valley gegründet: Mit „Open Austria“, einem Gemeinschaftsprojekt der Außenwirtschaft Austria und dem Außenministerium, sind wir einer der ersten EU-Mitgliedstaaten, die so etwas geschaffen haben. Auch da ist der Konnex zwischen Wirtschaft und bilateralen Beziehungen zu anderen Staaten evident.

Wie gestaltet sich die ressortübergreifende Zusammenarbeit mit den Expertinnen und Experten anderer Ministerien?

Verschiedene Ressorts zu koordinieren, ist immer eine komplexe Aufgabe. Gleichzeitig ist allen Personen, die sich mit der EU befassen, bewusst, dass Österreich nur durch eine klare und einheitliche Position einen Impact erzielen kann. Dieses Denken macht es leichter, gemeinsame Positionen zu finden. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen sind sehr erfahren in Verhandlungen, und das prägt. Das macht das Arbeiten hier – in einer großen Sektion mit vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten – zu einer großen Freude.

Die Sektion III hat gute Erfahrungen mit anderen Ressorts und wir bemühen uns auch, Dienstleistungsanbieter bei Vernetzungsthemen zu sein. In den vergangenen Monaten haben wir etwa die Serie „Policy Briefings“ gestartet, in der Expertinnen und Experten verschiedener Ressorts für interessierte Botschaften Vorträge halten und für Diskussionen zur Verfügung stehen. Das Angebot wird gut angenommen.

„Allen Personen, die sich mit der EU befassen, ist bewusst, dass Österreich nur durch eine klare und einheitliche Position einen Impact erzielen kann.“

Vor Ihrer Funktion als Sektionsleiter waren Sie in verschiedenen diplomatischen Funktionen tätig. Welche Fähigkeiten und Ausbildungen sind für eine solche Karriere notwendig?

Ich habe sowohl fürs Außenministerium als auch fürs Bundeskanzleramt gearbeitet, auf Posten in Lateinamerika und Europa. Zwei Kontinente, zwei Arbeitgeber, manchmal mit extrem kurzen Vorlaufszeiten. Viele meiner Posten waren nicht planbar, wie etwa jener für die österreichische Übergangsregierung 2019/2020: Ich hatte eine Woche Zeit, um von Brüssel nach Wien zu übersiedeln. Wichtig in diesem Job ist also Flexibilität. Man muss bereit sein, schnell seine Zelte abzubrechen und woanders wieder aufzuschlagen. Es gibt für Diplomatinnen und Diplomaten keinen Versetzungsschutz, das ist natürlich eine Herausforderung für die Familien.

Eine wichtige Voraussetzung ist auch eine breite Vorbildung inklusive Sprachkenntnissen. Die Diplomatische Akademie in Wien ist eine gute Ausbildungsstätte, die das Basiswissen mitgibt. Und das vielleicht Wichtigste ist ein gutes Maß an Neugierde. Wir rotieren normalerweise alle vier Jahre auf einen neuen Posten, man ist selten Expertin oder Experte, sondern muss bereit sein, etwas Neues zu lernen. Was liegt hinter der nächsten Grenze, hinter der nächsten Verhandlungsposition meines Gegenübers – daran muss man interessiert sein.

Sie haben den fehlenden Versetzungsschutz angesprochen. Gibt es ein Vetorecht in Bezug auf Positionen, die man nicht will?

Wenn man eine Leitungsposition anstrebt, kann man mit einer Bewerbung etwas lenken. Aber meine erste Verwendung in Mexiko beispielsweise war weder angestrebt noch geplant. Doch es hat mir dann wahnsinnig gut gefallen und ich war traurig, dass es nach einem halben Jahr wieder zu Ende war.

Im Alter von 27 Jahren waren Sie Mitglied der Verhandlungsteams für den österreichischen EU-Beitritt. Heute würde man sich über junge Expertinnen und Experten nicht mehr wundern – war es damals etwas Außergewöhnliches?

Ich kam 1992 ins Außenministerium, 1993 haben die Beitrittsverhandlungen begonnen und man war auf der Suche nach jungen Kolleginnen und Kollegen, die bereit sind, viel Herzblut zu investieren. Es war ein schöner Zufall, dass ich die Chance bekommen habe. Jede Organisation, gerade ein Ministerium und die Diplomatie, lebt vom Engagement der Jungen und von neuen Ideen, von der Dynamik eines Teams. Das war früher nicht anders als heute. Damals waren die Zeiten hierarchischer, aber gute Chefinnen und Chefs sehen, dass man Junge fördern muss. Das ist mir bis heute ein Vorbild geblieben.

Thomas Oberreiter gilt als ausgewiesener EU-Experte. Zum Berufsbild des Diplomaten gehört Flexibilität – denn oft sind rasche Wohnortwechsel notwendig. Fotos: Franziska Liehl

Sie waren dienstlich viel in Brüssel und gelten als ausgewiesener EU-Experte. Inwiefern hat diese frühe berufliche Erfahrung bei den EU-Beitrittsverhandlungen Ihre Haltung zur EU geprägt?

Es verwundert mich manchmal heute noch, wie sehr sie mich geprägt hat. In gewisser Regelmäßigkeit kommt in der öffentlichen Debatte „Brüssel“ oder „die EU“ vor, damit ist fast immer etwas Österreich Entgegengesetztes gemeint. Das tut mir nach wie vor weh. Denn für mich ist die EU nie etwas Fremdes, sondern etwas, das man mitgestaltet und mitverantwortet.

Beobachten Sie einen Wandel in der Einstellung der österreichischen Bevölkerung zur EU?

Nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen 1994 wurde ich nach Mexiko versetzt und habe auf der anderen Seite des Atlantiks gespannt auf das Ergebnis der Volksabstimmung gewartet. Die Zweidrittelmehrheit für den EU-Beitritt hat mich sehr gefreut. Sieht man sich die Umfragen der vergangenen 25 Jahre an, gibt es nach wie vor eine kleine EU-ablehnende oder -kritische Minder-heit – und eine sehr solide Mehrheit, die weiß, was sie an der Europäischen Union hat. Nur hört man von dieser wenig.

Größere Sorgen hat mir gemacht, dass die EU mit der Zeit als Selbstläufer betrachtet wurde, dessen Vorteile man gerne annimmt, aber nicht wirklich schätzt. Die Krisen der letzten Jahre haben das vorerst erledigt: Wie wertvoll offene Grenzen sind, hat uns schon Corona gezeigt. Wie wertvoll das Friedensprojekt Europa ist – und wie wenig selbstverständlich –, hat uns der russische Angriff auf die Ukraine deutlich vor Augen geführt. Und vergessen wir nicht: Die ukrainische Stadt Uschgorod liegt näher an Wien als Bregenz, der Krieg ist in unsere Nachbarschaft zurückgekehrt. Inzwischen ist also eindrucksvoll bewiesen, warum wir die EU brauchen. Egal wie groß ein Land ist, keines stemmt die Herausforderungen der heutigen Zeit allein.

Hat sich aus Ihrer Sicht die Kommunikation über die Vorteile der EU verbessert, oder braucht es noch mehr Maßnahmen?

Es gibt das Projekt der Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte in allen Bundesländern, von großen Städten bis zu kleinen Gemeinden, wo Personen dafür zuständig sind, Europa zu erklären. Das Projekt wurde im Außenministerium entwickelt und ist heute im Bundeskanzleramt angesiedelt. Dass wir direkt bei den Menschen sind, ist ein österreichisches Spezifikum. Es gibt also keine Notwendigkeit, jemandem auf den Leim zu gehen, der einen „Sündenbock Brüssel“ konstruieren will. Ein kurzes Gespräch oder zwei Klicks auf einer vernünftigen Website machen dagegen immun.

Eine große Herausforderung ist der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die EU zeigt sich solidarisch mit der Ukraine, seit Ende Juni ist das Land EU-Beitrittskandidat. Was ist der Standpunkt Österreichs dazu?

Wir unterstützen den Beschluss, der Ukraine den Kandidatenstatus zu geben. Wir begrüßen auch das klare europäische Bekenntnis der Ukraine, und solange es notwendig ist, werden wir das Land solidarisch unterstützen. Auf der anderen Seite muss klar sein, dass die Verleihung des Kandidatenstatus der erste Schritt auf einem sehr langen Weg ist. Wie man EU-Mitglied wird, ist im EU-Vertrag festgelegt. Es gibt genaue Regeln und Bedingungen, aber keine Abkürzungen.

„Wie wertvoll das Friedensprojekt Europa ist – und wie wenig selbst-verständlich –, hat uns der russische Angriff auf die Ukraine deutlich vor Augen geführt.“

Österreich ist ein starker Unterstützer der EU-Erweiterung auf dem Westbalkan. Was würde ein beschleunigter EU-Beitritt der Ukraine für die Westbalkan-Staaten bedeuten?

Die Unterstützung der Ukraine darf nicht dazu führen, dass es Beitrittskandidaten erster und zweiter Klasse gibt. Manche Staaten auf dem Westbalkan warten seit 15 Jahren auf den Kandidatenstatus, und das ist aus Sicht Österreichs kein tragbarer Zustand. Die Integration aller Westbalkan-Staaten bleibt eine außenpolitische Priorität Österreichs, gerade auch von Außenminister Alexander Schallenberg.

Die Staaten sind wirtschaftlich, kulturell, historisch und menschlich eng mit uns verbunden. Eine gute halbe Million Menschen, die in Österreich leben, haben ihre Wurzeln auf dem Westbalkan. Es ist im Interesse Österreichs und ein wesentlicher Faktor für die Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region, dass die Europa-Perspektive der Westbalkan-Staaten glaubhaft und greifbar bleibt. Daran arbeiten wir in der Sektion III.

Sie repräsentierten Österreich als Stellvertretender Ständiger Vertreter bei der EU, das Gremium befasst sich mit Vorschlägen aus den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft und Energie. All diese Themen haben an Bedeutung gewonnen. Was sind die dringendsten Handlungsfelder?

Während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2018 habe ich als Vertreter der EU-Mitgliedstaaten an dutzenden Verhandlungstreffen mit dem Europäischen Parlament teilgenommen. Schon damals waren die wichtigsten Themen Energie und Klima sowie die Frage, wie Energiepolitik mit einer modernen Klimapolitik zusammenpasst. Genau diese Themen beschäftigen uns jetzt in einer viel größeren Schärfe: Wie stellen wir die Gas- und Ölversorgung sicher, und wie passt das mit unseren Klimazielen und der angestrebten CO2-Reduktion zusammen? Das ist eine Herausforderung, vor der die ganze EU steht.

In diesem Zusammenhang ist uns auch die traditionelle österreichische Anti-Atomkraft-Politik wichtig. Wir sind strikt dagegen, dass die Nuklearenergie eine Renaissance erlebt, aber in Teilen Europas gibt es solche Bestrebungen. Da muss man dagegenhalten und immer wieder neue Verbündete suchen.

Nachhaltigkeit, Konnektivität und Innovation sind Teil der Arbeit der Sektion III. Wie werden Österreich und Europa nachhaltiger, digitaler und moderner?

Ich habe bereits unsere diplomatische Präsenz im Silicon Valley, „Open Austria“, erwähnt. Im Bereich der Tech Diplomacy sehe ich eine der größten Herausforderungen, aber auch Chancen für das Außenministerium.

Generell wollen wir hinsichtlich Innovation und Wirtschaft ein noch stärkerer Partner für österreichische Unternehmen werden. Das vor einem Jahr gestartete Programm „ReFocus Austria“ unterstützt mit unserem welt-weiten Netz von Vertretungsbehörden gezielt die österreichische Wirtschaft. Ursprünglich, und wiederum gemeinsam mit der Wirtschaftskammer, war das Programm nur für ein Jahr geplant, doch dieser globale Outreach hat sich so sehr bewährt, dass wir nun eine Neuauflage starten.

3 Fragen, 3 Antworten

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Passend zur eben beginnenden tschechischen EU-Ratspräsidentschaft: Die Václav-Havel-Biografie von Michael Žantovský, einem tschechischen Berufskollegen. Ich bin ein Vielleser mit einer großen Bibliothek, und das rächt sich immer, wenn eine Übersiedlung ansteht, denn nichts ist so schwer wie Papier.

Bei welcher Musik können Sie sich entspannen?
Ich oszilliere zwischen zwei einander ziemlich fremden Welten: Bach und Blues. Alles, was mit B beginnt.

Haben Sie ein berufliches Erfolgsrezept?
Nicht eines – es gibt viele. Jeder muss das für sich passende und richtige finden.

Bürgernah.

Derzeit sind über 1.500 Europa-Gemeinderätinnen und Europa- Gemeinderäte in allen Bundesländern aktiv und bringen Europa-Themen zu den Menschen. Das Modell wird künftig auch in anderen EU-Ländern umgesetzt.

www.bmeia.at
Der Finanzausgleich regelt die finanziellen Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und wird regelmäßig – alle vier bis sechs Jahre – neu verhandelt. Expertinnen und Experten fordern Reformen und drängen darauf, bei den nächsten Verhandlungen die großen Themen Klima und Energie anzupacken.

Text: Cornelia Ritzer

 

2.059 Gemeinden gibt es in Österreich: Die kleinste, die Tiroler Ortschaft Gramais, zählt 41 Einwohnerinnen und Einwohner, Wien ist mit einer Bevölkerung von rund 1,9 Millionen Menschen Österreichs größte Stadt. Trotz dieser Unterschiede haben Gramais und Wien gemeinsam, dass es da wie dort Müllabfuhr, Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gibt und die Daseinsvorsorge gewährleistet ist. Zum funktionierenden Alltag in Österreich gehören auch Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen, Friedhöfe, öffentlicher Verkehr sowie Freizeitangebote wie Hallenbäder oder Büchereien.

Hier kommt der Finanzausgleich ins Spiel. Dieser ist laut Definition des Finanzministeriums „die Regelung der finanziellen Beziehung zwischen den Gebietskörperschaften. Er wird zwischen den Finanzausgleichspartnern (Bund, Länder, Gemeinden) im Verhandlungsweg vereinbart und findet seinen Niederschlag in den auf einige Jahre befristeten Finanzausgleichsgesetzen.“

Sitzung wichtiger Menschen

Bei den Finanzausgleichsverhandlungen müssen die Interessen von vielen Playern aus Bund, Ländern und Gemeinden in Einklang gebracht werden.
Fotos: APA/Roland Schlager/picturedesk.com, APA/Herbert Neubauer/picturedesk.com

Die Aufteilung der öffentlichen Aufgaben sowie der staatlichen Einnahmen ist komplex. „Die Verteilung der Aufgaben und Ausgaben ist der sogenannte passive Finanzausgleich, die Verteilung der Einnahmen der aktive Finanzausgleich“, erklärt Ökonomin Margit Schratzenstaller vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).

Neben „dem großen Topf der Ertragsanteile, der Abgaben und der Transfers dazwischen gibt es noch andere Materien, die bestimmen, wie viel am Ende beim Bund, bei den Ländern und bei den Gemeinden bleibt“, sagt Karoline Mitterer, Koordinatorin für den Bereich Öffentliche Finanzen und Föderalismus beim KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung. Beispiele sind die ergänzenden 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern etwa zur Finanzierung der Kinderbetreuung, der Tagesbetreuung an Pflichtschulen und des Gesundheitsbereichs. Diese Punkte werden mit dem Verhandlungsergebnis im sogenannten „Paktum zum Finanzausgleich“ festgehalten.

Befristung als Besonderheit

Ein österreichisches Spezifikum ist die zeitliche Befristung dieses finanzpolitischen Instruments. „Andere Länder machen fallweise Reformen“, sagt WIFO-Expertin Schratzenstaller mit Blick auf Deutschland. „Verändern sich die Rahmenbedingungen zu sehr, kommt eine Reform.“ In Österreich sind die wiederkehrenden Verhandlungen institutionalisiert. Für die Ökonomin ist die Befristung ein Vorteil, „da auf Veränderungen von sozioökonomischen Rahmenbedingungen ohne Diskussion reagiert werden kann“. Die Befristung erlaube Flexibilität und Planungssicherheit – „ein guter Kompromiss“, findet Schratzenstaller.

„Die Befristung des Finanzausgleichs ist ein Vorteil, da auf Veränderungen von sozioökonomischen Rahmenbedingungen ohne Diskussion reagiert werden kann.“

Margit Schratzenstaller, WIFO

Michael Getzner, Leiter des Forschungsbereichs Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik an der Technischen Universität (TU) Wien, hält die Befristung „dem Prinzip nach für gut, weil auf den Staat laufend neue Herausforderungen und Aufgaben zukommen oder sich Schwerpunkte ändern und finanziert werden müssen“. Als Beispiel nennt er den Klimaschutz: „Die Gebietskörperschaften erfüllen hier unterschiedliche Aufgaben, das muss finanziert werden“, so der Professor.

Der aktuelle Finanzausgleich – ursprünglich für die Periode 2017 bis 2021 verhandelt – wurde bis 2023 verlängert, um die Corona-Krisenbewältigung zu ermöglichen. In die Verhandlungen sind alle gebietskörperschaftlichen Ebenen eingebunden: Der Bund ist durch das Finanzministerium vertreten, die Bundesländer von den Landeshauptleuten beziehungsweise Finanzreferentinnen und -referenten, außerdem sind der Städte- und der Gemeindebund mit dabei. Die Verhandlungspartner „haben unterschiedliche Interessen, die im Prozess zusammenkommen“, erläutert Karoline Mitterer vom KDZ: Die Länder würden gegenüber dem Bund relativ geschlossen auftreten, wobei es oft Achsenbildungen gebe. Auf Gemeindeebene verfolgten allerdings der Städtebund und der Gemeindebund unterschiedliche Interessen – Ersterer vertritt die Städte, Letzterer kleinere, häufig ländlich geprägte Gemeinden.

Verschiedene Interessen an einem Tisch

Im Vorfeld der Verhandlungen „werden die Claims abgesteckt und es wird darauf hingewiesen, welche zusätzlichen Aufgaben von welcher Gebietskörperschaft übernommen wurden“, sagt Margit Schratzenstaller vom WIFO. Auch Michael Getzner beobachtet: „Die Interessen werden auf den Tisch gelegt, manchmal offener, manchmal weniger offen.“ Vor allem die Länder und Gemeinden müssen deutlich auf ihre Aufgaben aufmerksam machen, da ihre Budgets zu einem großen Teil aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben sowie aus Transfers gespeist werden.

„Ich hoffe auf einen Fokus auf Klimaschutz und Biodiversität sowie die Senkung des Flächenverbrauchs. Denn das sind die großen inhaltlichen Themen.“

Michael Getzner, Technische Universität Wien

Über die Wichtigkeit des Finanzausgleichs herrscht Einigkeit. Gleichzeitig gibt es Rufe nach Reformen. „Unser Institut ist heuer 50 Jahre alt“, berichtet TU-Professor Getzner über die Studienrichtung Raumplanung und Raumordnung. „Eines der ersten Forschungsprojekte Anfang der 1970er Jahre war zum Thema Finanzausgleich und Föderalismus. Schon damals wurde festgestellt, dass dieses System zu reformieren ist.“ Aus seiner Sicht müssten vor allem Grundsteuern und Vermögenssteuern „signifikant reformiert beziehungs-weise eingeführt“ werden. 2017 schien es einen Anlauf zur Reform der Grundsteuer zu geben, „die Einrichtung einer Arbeitsgruppe hat uns gefreut“, so Getzner. Diese habe aber wegen Uneinigkeit frühzeitig ihre Treffen beendet. Auch sei der Finanzausgleich „Ausdruck der Verfassung eines föderalen Staatsaufbaus“. Die Folge seien „neun Bauordnungen und neun Naturschutzgesetze mit den Folgen Flächenfraß und unnötig viel Infrastruktur für Betriebsflächen, die lange leer stehen“. Getzners Schlussfolgerung: „Die Entscheidung, welche Fläche verbaut wird, ist auf der untersten Ebene nicht gut aufgehoben.“

„Längst fällig“ ist die Grundsteuerreform auch für KDZ-Expertin Karoline Mitterer. Es gebe bereits neue Ideen für eine administrativ einfachere Umsetzung, diese müsste nur angestoßen wer-den. Ein Schwachpunkt des derzeitigen Systems ist für sie der abgestufte Bevölkerungsschlüssel: „Jede Gemeinde unter 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner bekommt – egal, welche Aufgaben sie erbringt – pro Kopf gleich viel.“ Das sei sachlich nur schwer argumentierbar, „weil es einen Unterschied macht, ob es sich um eine Gemeinde mit 500 oder mit 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern handelt. Es bestehen unterschiedliche Aufgabenniveaus.“

Auf die Gemeinden warten große Aufgaben in Sachen Klimaschutz – die finanziert werden müssen. Expertinnen und Experten hoffen, dass das in den Finanzausgleichsverhandlungen thematisiert wird.
Foto: Hans Ringhofer/picturedesk.com

Rufe nach mehr Transparenz

Außerdem gibt es laut Mitterer deutliche Transparenzmängel bei den Transfers zwischen Ländern und Gemeinden. „Hier fehlen schlicht die Daten und die Länder sind wenig auskunftsfreudig.“ Sie plädiert für eine Entflechtung, denn: „Die zahlreichen Transferzahlungen gefährden das finanzielle Gleichgewicht vieler Gemeinden, da diese Soziales und Gesundheit auf Landesebene kofinanzieren müssen.“ Die mangelnde Transparenz der Finanzströme ist auch für Margit Schratzenstaller ein Manko. „Es ist oft schwer, eine Gesamtschau darüber zu erhalten, wie und wie effizient die Mittel eingesetzt werden. Die Datengrundlagen zu verbessern wäre wichtig, um die Verhandlungen auf eine rationalere Grundlage zu stellen.“

Von den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen erhofft Michael Getzner sich einen Fokus auf die Themen Klimaschutz und Biodiversität sowie Senkung des Flächenverbrauchs: „Für mich wäre das ein Erfolg, denn das sind die großen inhaltlichen Themen.“ Mitterer sieht „auf allen Ebenen gute Argumente, warum die Gebietskörperschaften mehr Geld brauchen“, und erwartet gerade deshalb heiße Debatten: „Der Bund hat Schulden aufgenommen, um durch die Corona-Pandemie zu kommen, und aktuell haben wir eine Inflationskrise. Andererseits hatten Länder und Gemeinden durch die Pandemie sehr hohe Mehrausgaben.“

Es gibt deutliche Transparenzmängel bei den Transfers zwischen Ländern und Gemeinden. Hier fehlen schlicht die Daten und die Länder sind wenig auskunftsfreudig.“

Karoline Mitterer, Zentrum für Verwaltungsforschung

Doch die Erwartungen der Expertinnen und Experten sind gering. Für Margit Schratzenstaller vom WIFO war „das Auffallendste in den vergangenen Jahren, dass es keine großen Veränderungen gab“. Der Föderalismus sei insgesamt reformbedürftig, sagt sie, um „Doppelgleisigkeiten, Aufgabenüberschneidungen und den zu schwachen Zusammenhang zwischen Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung auf Ebene der Länder und Gemeinden“ zu beenden. TU-Professor Getzner ist vorsichtig: „Man darf sich nicht erwarten, dass sich durch solche Verhandlungen große Sprünge er-geben.“ Bei den Aufgaben ändere sich erstaunlich wenig: „Das System, welche Ebene unseres Staates wie viel Geld ausgibt, ist stabil“, stellt er fest. Diesen Eindruck teilt auch Finanzausgleichsexpertin Karoline Mitterer: „Es gibt in der Regel keine gravierenden Änderungen gegenüber dem Vorjahr.“ Sosehr also Reformen gefordert werden – dass sie im nächsten Finanzausgleich kommen, ist äußerst unwahrscheinlich.

Reform.

Mehr Transparenz, mehr Zukunftsthemen – Expertinnen und Experten fordern immer wieder eine Reform des Finanzausgleichs. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat mehrere Studien dazu in Auftrag gegeben.

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Harald Waiglein ist seit 2012 Sektionschef im Finanzministerium und hat mit Finanzkrise, Coronavirus-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine turbulente Perioden erlebt. Lösungen für „die großen Themen der Zeit“ zu entwickeln, darin liegt für ihn der Reiz an seinem Job, der einiges an Stressresistenz erfordert.

Text: Cornelia Ritzer

 

Als Leiter der Sektion III sind Sie für Wirtschaftspolitik, Finanzmärkte und Zölle zuständig. Sie beschäftigen sich also mit vielen Themen – welche sind aktuell die wichtigsten?

Das kann man nur schwer werten, da momentan der Krieg in der Ukraine alles überlagert und sich auf alle drei Bereiche auswirkt. Die Sanktionen sind in vielen Fällen vom Zoll zu exekutieren. Dann hat der Krieg natürlich Auswirkungen auf das Finanzsystem, wo wir die Risiken kontrollieren müssen. Und wirtschaftspolitisch müssen wir an Unterstützungsprogrammen angesichts der hohen Energiepreise arbeiten. Doch ich kann nicht sagen, welcher Bereich mehr und welcher weniger betroffen ist.

Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf die Arbeitsbelastung Ihrer 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Sektion aus?

Die ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, weil wir immer mehr Aufgaben für die Verwaltung erfinden, auch auf europäischer Ebene. Aber die Zahl der Personen, die alle diese Aufgaben erledigen müssen, bleibt die gleiche.

In einem Porträt der „Neuen Zürcher Zeitung“ wurden Sie 2015 als „Sektionschef mit ungewöhnlichem Karriereweg“ bezeichnet.  Empfinden Sie Ihren Karriereweg ebenfalls als ungewöhnlich?

Vielleicht ist er für österreichische Verhältnisse ungewöhnlich. Ich denke, in den USA oder England wäre das nicht so. Da gibt es viele Leute, die in der Studienzeit eine Band haben und Musik machen und dann Molekularbiologen oder irgendwas anderes  werden. Bei uns ist das zwar nicht so üblich, aber es ist auch nicht vollkommen außergewöhnlich.

Was ist bei uns anders als zum Beispiel in England?

Ich kann nur vom Finanzsektor sprechen, aber in England findet man viel mehr Leute, die eigentlich von ganz woanders  herkommen. Da gibt es Physiker und auch Biologen, die draufgekommen sind, dass ihr mathematisches Wissen auch im Bankenbereich gut einsetzbar ist. Die Durchlässigkeit zu anderen Sektoren ist größer. Das liegt vielleicht auch daran, dass es in den USA und in England weniger üblich ist, dass Menschen schon mit 13 Jahren wissen, was sie werden wollen, und nur auf dieses eine Ziel hinarbeiten. Sondern sie machen vielleicht die eine oder andere Kurve auf dem Karriereweg und landen dann ganz woanders, als sie geplant haben.

„Die Tätigkeit bei uns ist extrem gewinnbringend, weil man an den großen Themen der Zeit mitarbeitet und hilft, Lösungen zu entwickeln.“

Es kommt eine Pensionierungswelle auf uns zu, allerorts wird Personal gesucht. Haben Sie Tipps für Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten möchten? Lohnt sich auch ein späterer Wechsel in die Verwaltung? Und welche Eigenschaften sollte man dafür mitbringen?

Es ist möglich und passiert auch immer wieder. Wir hatten zum Beispiel in letzter Zeit Wechsel von der Finanzmarktaufsicht und auch schon aus dem Privatsektor, dem Bankenbereich, zu uns. Teils hat das einen persönlichen Hintergrund, teils ist es das  Interesse. Aber es lohnt sich auf jeden Fall. Die Tätigkeit bei uns ist extrem gewinnbringend, weil man an den großen Themen der Zeit mitarbeitet und hilft, Lösungen zu entwickeln. Das ist der Anreiz.

Als Tipp würde ich jedem, der in der Verwaltung arbeiten will, mitgeben, dass man den Hang zum Politikmachen – so man den hat – am Eingang abgeben sollte. Denn wenn man Politik machen will, muss man sich um ein Amt bemühen und schauen, dass man gewählt wird. Wir sind ja nicht gewählt, darum kann es nicht unsere Aufgabe sein, Politikerinnen und Politiker zu overrulen, sondern wir sind da, um fachlich bestmöglich zu beraten. Und das ist schwer, wenn man stark ideologisch getrieben ist. Ministerinnen und Minister kommen und gehen. Unser Job ist aber, egal wer Ministerin oder Minister ist, diese Person bestmöglich zu unterstützen.

Welche anderen Eigenschaften braucht es für eine Tätigkeit in der Verwaltung?

Man muss stressresistent sein und auch  mit sehr flexiblen Arbeitszeiten gut umgehen können, weil wir manchmal die ganze Nacht über verhandeln. Und man darf nicht zu empfindlich sein, wenn es mal härter hergeht. Wir werden im Parlament oft kritisiert, teilweise geht das auch ins Persönliche. Das darf man einfach nicht überbewerten. Persönlich nehmen sollte man das überhaupt nicht.

Das Finanzministerium geriet in jüngster Zeit etwa wegen der Finanzierung von thematisch fragwürdigen Studien oder einer Hausdurchsuchung in die Schlagzeilen. Wie geht es einem da als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter auf Beamtenebene? Wie reagiert man? 

Es hat schon viele Kolleginnen und Kollegen bedrückt, in welches Licht das Finanzministerium gerückt wurde. Unser Selbstverständnis ist ja ein anderes. Steuersektionschef Gunter Mayr hat das im Untersuchungsausschuss gut auf den Punkt gebracht – „so ist die Finanzverwaltung nicht“. Man kann in dem Zusammenhang auch anmerken, dass die Personen, die das betroffen hat, überwiegend nicht aus dem Apparatdes BMF gekommen sind, sondern Quereinsteiger waren. Die Menschen hier im Haus und in der Finanzverwaltung haben ein hohes Ethos und eine sehr professionelle Auffassung von Arbeit.

Sind Sie in die Situation gekommen, das Finanzministerium verteidigen zu müssen?

Das musste ich immer wieder, in verschiedensten Zusammenhängen. Das hat mit der Finanzkrise 2008 und den Rettungsmaßnahmen für Griechenland begonnen und zieht sich bis heute durch. Wir müssen alles, was wir machen, argumentieren, aber oft auch verteidigen. Das ist auch gut so, denn ein großer Teil dieser Verteidigung findet in parlamentarischen Ausschüssen statt, wo das Parlament von uns wissen will, warum wir manche Dinge tun und ob wir sie nicht auch anders machen
können.

Vor Ihrer Tätigkeit im Finanzministerium haben Sie als Übersetzer sowie als Wirtschaftsjournalist – unter anderem bei der „Wiener Zeitung“ – gearbeitet. Welche Rolle spielen Kommunikation und damit auch Bürgernähe sowie Transparenz in Ihrer jetzigen Funktion?

Wir haben früher im Zusammenhang mit dem Finanzsektor viel erklärt und ich mache das auch sehr gerne, wenn man mich einlädt. Meine Erfahrung ist, dass der Finanzsektor in der öffentlichen Diskussion kein Thema mehr ist. Insofern haben wir momentan nicht viel zu erklären. Kommunikation ist für mich auf der Ebene der internationalen Verhandlungen am wichtigsten.

Da geht es  um gute Argumente, darum, dass man auch seine Gegenüber in anderen Ländern kennt und weiß, was deren Positionen sind und wo es eventuell Überschneidungen gibt. Und das in einer Fremdsprache auf einem extrem hohen Niveau. Wer glaubt, er kann eine Richtlinie über Bankenabwicklung verhandeln, ohne gut Englisch zu sprechen, hat schon verloren. Das internationale Geschäft beruht auf einer vertrauensvollen Kommunikation.

Seit 2012 ist Harald Waiglein als Sektionschef im Finanzministerium für die Themen Wirtschaftspolitik, Finanzmärkte und Zölle zuständig. Der Ukraine-Krieg wirkt sich auf alle diese Bereiche aus.
Fotos: Franziska Liehl

„Die Sektion III ist der Schnittpunkt zwischen der österreichischen und der internationalen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Gerade in Zeiten der Krise spielt sie eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der anstehenden Probleme“, sagten Sie 2012, als Sie Sektionschef wurden, über Ihre neue Herausforderung. Mit der Staatsschuldenkrise in Griechenland, der Coronavirus-Pandemie und nun dem Krieg in der Ukraine haben wir einige schwierige Zeiten erlebt. Gibt es so etwas wie den richtigen Umgang mit Krisen?

Jetzt könnte ich ganz banal sagen, man muss Ruhe bewahren und versuchen, eine Lösung zu finden. Aber wenn ich die Krisen Revue passieren lasse, gibt es kein Patentrezept. Denn jede war anders, hatte andere Ursachen und hat andere Lösungen erfordert. Man muss rasch, ehrlich und gründlich analysieren, wo eine Krise herkommt, damit man Lösungsansätze entwickeln kann. Aber das ist sehr allgemein. Eine Staatsschuldenkrise ist etwas anderes als eine Pandemie, und der Krieg in der Ukraine ist wieder etwas anderes.

Die gefährlichste Krise war für mich die Finanzkrise 2008, die aber in der öffentlichen Wahrnehmung nicht so präsent war, weil wir das Schlimmste verhindert haben. Das hätte viel dramatischer ausgehen können.

Sie haben neben Ihrer Arbeit als Sektionschef zahlreiche internationale Funktionen, unter anderem sind Sie kürzlich als  Vorsitzender des EU-Ausschusses für Finanzdienstleistungen, des Financial Services Committee (FSC), wiedergewählt worden. Wie wichtig ist der Blick über die österreichischen Grenzen hinweg für Sie und Ihre Arbeit?

Er ist sehr wichtig, weil wir ein kleines Land sind, und kleine Länder können nur bestehen, wenn sie Freunde haben und auf internationaler Ebene wahrgenommen und bekommt es in den meisten Fällen. Oder man ist klein wie wir und viele andere – dann braucht man Freunde, muss Allianzen schmieden und verstehen, was die gemeinsamen Themen sind und wo man gemeinsame  Argumentationslinien finden kann. Das ist unsere einzige Chance. Da sind multilaterale Organisationen extrem wichtig, weil wir in solchen viel mehr bewegen können, als das bilateral möglich ist. werden.

Es gibt zwei Möglichkeiten, sich global durchzusetzen: Entweder man ist die USA oder China, also groß und reich, und sagt, was man will, und bekommt es in den meisten Fällen. Oder man ist klein wie wir und viele andere – dann braucht man Freunde, muss Allianzen schmieden und verstehen, was die gemeinsamen Themen sind und wo man gemeinsame Argumentationslinien finden kann. Das ist unsere einzige Chance. Da sind multilaterale Organisationen extrem wichtig, weil wir in solchen viel mehr bewegen können, als das bilateral möglich ist.

Sie führen auch den Vorsitz im Direktorium der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität sowie im Risikoausschuss des  Europäischen Stabilitätsmechanismus. Wie wichtig ist es für Österreich, dass heimische Expertinnen und Experten in solchen Gremien mit am Tisch sitzen? Wäre der Informationsfluss aus den Institutionen sonst ein anderer?

Wir können nur dann bestehen, wenn wir Diskussionen in multilateralen Gremien mit starken Argumenten – und darin muss man eben gut sein – in eine Richtung bewegen können, die für uns positiv ist. Wir müssen andere überzeugen. Es gibt keinen Grund, dass irgendwer uns einen Gefallen tut, nur weil wir Österreich sind.

Sie sind bereits seit zehn Jahren Leiter der Sektion III im Finanzministerium. Die Digitalisierung ist in dieser Zeit immer weiter  vorangeschritten, so ist Onlinebanking am Smartphone heute ganz alltäglich. Wissen die Österreicherinnen und Österreicher genug über die Vor- und Nachteile dieser Entwicklung? Oder braucht es hier mehr Bildung?

Die Financial-Literacy-Initiative im Finanzministerium läuft sehr erfolgreich, und wir haben auch eine  Begutachtungsstellungnahme für die neuen Lehrpläne eingemeldet, da wir der Meinung sind, dass vor allem an den AHS zu wenig wirtschaftliche und finanzielle Bildung vermittelt wird. Das merken wir überall. Ich bemerke es auch an mir selbst, denn als ich maturierte, wusste ich nicht, was eine Mehrwertsteuer ist und wie wir eine Steuererklärung ausfüllen müssen, geschweige denn, wie man eine Bilanz liest. Das ist eigentlich unsäglich, denn die politische Debatte dreht sich insbesondere um Wirtschaftsthemen. Und wir bereiten einen großen Teil der Menschen dieses Landes nicht darauf vor.

3 Fragen, 3 Antworten

Sie sind beruflich viel unterwegs. In welche Länder reisen Sie privat?
Entweder nach Spanien, wo mein Vater lebt, oder nach Namibia, wo wir viel Familie haben.

Man weiß, dass Sie Musiker sind. Wie oft besuchen Sie noch Konzerte?
Zu selten. Das letzte Mal war ich mit meiner ältesten Tochter beim Reading Festival. Da ist man dann gezwungen, sich wieder mal ein Konzert anzuschauen, und da war ich sehr positiv überrascht.

Gibt es ein Erfolgsrezept, um in der öffentlichen Verwaltung Karriere zu machen?
Ich könnte jetzt lügen und sagen, man muss dies und jenes machen, und dann wird man Sektionschef. Aber vieles davon ist auch Glück. Dass ich in dieser Position bin, hat auch damit zu tun, dass ich das Glück hatte, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Andererseits hat man das Glück aber auch nur, wenn man die Anforderungen erfüllen kann.
Wir müssen schnell sein, wir müssen stressresistent sein, wir müssen hochprofessionell sein und wissen, was wir tun. Finanzsektorthemen sind extrem komplex, da braucht man wahre Expertinnen und Experten. Aber deswegen ist es auch so lohnend, weil man eine Herausforderung hat, die es auch wert ist, dass man sie angeht.

Financial Literacy.

Das BMF setzt im Rahmen der Österreichischen Jugendstrategie das Projekt Financial Literacy um. Ziel ist die Unterstützung junger Menschen beim Erwerb finanzwirtschaftlicher Kompetenz, die ein wesentlicher Faktor für wirtschaftliche Selbstbestimmtheit ist.

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