15.12.2022 Die Republik

Mit dem Gesetz in Einklang

Korruption schwächt den Rechtsstaat und erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung in Verwaltung und Politik. Um einen sauberen öffentlichen Dienst sicherzustellen, gibt es klare Compliance-Richtlinien – samt Hilfestellungen für ihre Umsetzung im Berufsalltag.

Text: Sabina König

 

Eine kleine Essenseinladung hier, ein persönlicher Gefallen da, eine ungemeldete Nebenbeschäftigung dort: Öffentlich Bedienstete sind immer wieder mit Situationen konfrontiert, die ihre Integrität auf die Probe stellen. Oft sind es scheinbar harmlose  Handlungen, die schwerwiegende Auswirkungen auf das Image einer Institution haben und sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Dabei ist transparentes, pflichtbewusstes Vorgehen besonders für Verwaltungsbedienstete unverzichtbar, denn sie tragen eine hohe Verantwortung: Es geht nicht nur darum, sich selbst zu schützen, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit zu sichern, dass dienstliche Aufgaben zuverlässig und sachlich wahrgenommen werden.

Hohe Bandbreite an Verstößen

Das Thema Compliance ist in den vergangenen Jahren nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch in der öffentlichen Verwaltung angekommen. Unter Compliance versteht man die Einhaltung von Gesetzen und sonstigen Vorschriften. Compliance Management umfasst alle Maßnahmen zur Förderung von Rechtstreue und zur Verhinderung von Regelverstößen. Eine komplexe Aufgabe, denn die Bandbreite an Ursachen für Verfehlungen ist groß.

„Verstöße können aus Schlampigkeit, Unwissenheit oder Demotivation heraus passieren, oder auch auf ein hohes Maß an krimineller Energie zurückzuführen sein. Ein gutes Compliance-Management-System muss all diese Fälle abdecken“, erklärt Rene Wenk, Direktor des Landesrechnungshofes Burgenland und Experte für Compliance bei Transparency International. Den wichtigsten Erfolgsfaktor sieht Wenk in einem klaren Bekenntnis der Führungsebene zur Bedeutung des Themas.

Um in heiklen Situationen richtig zu reagieren, bietet die Verwaltungsakademie des Bundes In-House-Schulungen zum Thema Compliance an. Das Kursprogramm wird auf die jeweilige Dienststelle zugeschnitten.
Fotos: Alex Halada/AFP/picturedesk.com, BMKÖS

Verhaltenskodex als Hilfestellung

Über die aktuellen Richtlinien informiert der stellenübergreifend geltende Verhaltenskodex, der von der Sektion Öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS) zur Verfügung gestellt wird. Dieser wurde von über 50 Expertinnen und Experten entwickelt und erläutert auf Grundlage der Rechtslage, wo
Interessenkonflikte und korruptionsgefährdete Situationen auftauchen können und wie sie sich bewältigen lassen. „Mit einem Addendum können Ministerien und andere öffentliche Institutionen das Dokument in Abstimmung mit der  Verwaltungsakademie des Bundes an ihre spezifischen Erfordernisse anpassen“, erklärt Gregor Weber, Jurist im BMKÖS.

Das zugehörige E-Learning-Tool erlaubt einen niederschwelligen, interaktiven Zugang zum Thema, der gut ankommt: „Von November 2020 bis Dezember 2021 zählte das E-Learning-Tool 33.556 Unique Visitors“, freut sich Sandra Rauecker-Grillitsch, Leiterin des Referats III/6/c – Vernetzung und Koordination im BMKÖS. Der Verhaltenskodex ist ein wichtiger Puzzlestein, zusätzlich braucht es aber interne Kontrollsysteme, um auch absichtlichen Korruptionsbestrebungen einen Riegel vorzuschieben.

„Verstöße können aus Schlampigkeit, Unwissenheit oder Demotivation heraus passieren, oder auf kriminelle Energie zurückzuführen sein.“

Rene Wenk, Direktor LRH Burgenland

Risiken sorgfältig abwägen

Mit welchen Folgen im Fall eines Regelverstoßes zu rechnen ist, hängt von der Art des Vergehens ab: Die Speerspitze sind strafrechtlich relevante Verfehlungen wie Bestechung, die mit hohen Geld- oder sogar Haftstrafen geahndet werden. Häufiger sind Verstöße gegen das Dienstrecht wie etwa eine verbotene Geschenkannahme, hier kann es immerhin zu Entlassungen kommen. Strenger sind üblicherweise organisations- beziehungsweise stellenspezifische Vorgaben. „Organisationen müssen sich im Rahmen ihres Risikomanagements die Frage stellen, welche Verhaltensweisen oder Verstöße für sie besonders sensibel sein können. Interne Regelungen können dann auch strenger als gesetzliche Vorgaben sein“, erläutert Rene Wenk.

Die Verwaltungsakademie des Bundes verfolgt das Ziel, öffentlich Bedienstete zu befähigen, in korruptionsgefährdeten Situationen richtig zu reagieren, wie Referatsleiterin Rauecker-Grillitsch erklärt. Das bereits umfassende Schulungsangebot soll noch weiter ausgebaut werden und fußt auf mehreren Säulen: Das Thema „Korruptionsprävention, Compliance und Integrität“ ist Teil der Grundausbildung und Gegenstand von Seminaren und Online-Trainings, die sich unterschiedlichen Schwerpunkten widmen. Zur Verfügung stehen Weiterbildungsangebote und In-House-Schulungen, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Dienststelle ausgerichtet sind und häufig in Anspruch genommen werden.

Wie Gregor Weber, selbst Vortragender an der Verwaltungsakademie, ausführt, sind die Bereiche Auftragsvergabe und Förderung, Vertragsabschluss, Leistungskontrolle und Vertragsüberwachung sowie behördliche Aufgaben wie Genehmigungsverfahren,  Aufsicht oder Kontrolle besonders sensibel.

Bewährter Massnahmenmix

Auch im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) setzt man in puncto Compliance auf ein umfassendes Schulungs- und Beratungsangebot. „Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet die Maxime. „Die Compliance-Verantwortlichen beraten Führungskräfte und Bedienstete bezüglich der zunehmend komplexer werdenden Gesetzeslage ebenso wie zu ressortinternen Verhaltensgrundsätzen“,
erklärt Chief Compliance Officer Bernd Novotny. Ein Compliance-Seminar ist sowohl Teil der Grundausbildung als auch des Weiterbildungsangebots.

Alle Führungskräfte des BMAW haben einmal im Jahr ein von den Compliance-Verantwortlichen speziell gestaltetes E-Learning-Programm mit anschließendem Wissenstest zu absolvieren. Ebenfalls bewährt haben sich Gespräche der Compliance-Verantwortlichen mit neu bestellten Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern in informellem Rahmen, die auch dem Abklären von Unsicherheiten im Zusammenhang mit Compliance-Fragen dienen. Großer Wert werde auf einfach zugängliche Informationen gelegt, erklärt Novotny: „Wo beispielsweise früher in einem Dokument der Verweis auf gesetzliche Bestimmungen genügt hätte, bieten wir heute prägnante Zusammenstellungen der Compliance-Vorgaben. In der Regel auch verbunden mit einer Prozessbeschreibung. Besonders relevante Richtlinien oder Rundschreiben werden mit eigens dafür erstellten Kurzvideos begleitet.“

„Wo früher in einem Dokument der Verweis auf gesetzliche Bestimmungen genügt hätte, bieten wir heute prägnante Zusammenstellungen der Compliance-Vorgaben.“

Bernd Novotny, Chief Compliance Officer (BMAW)

Verschärfungen notwendig

Trotz all dieser Maßnahmen gibt es für  den Compliance-Experten Rene Wenk noch viel Luft nach oben, was Transparenz im öffentlichen Dienst angeht. Nachgeschärft werden sollte etwa beim Korruptionsstrafgesetz, beim Informationsfreiheitsgesetz oder bei der Transparenz von Vergabeverfahren, sagt er. „Im Corruption Perceptions Index von Transparency International rutscht Österreich immer weiter ab. Das liegt auch daran, dass Transparenzbemühungen im Vergleich zu den öffentlichkeitswirksamen Vorwürfen gegen manche Politiker kaum wahrgenommen werden“, erklärt Wenk, der sich trotzdem zuversichtlich zeigt: Vor 15 Jahren habe man das Wort Korruption kaum in den Mund nehmen dürfen, heute werde öffentlich über die Problematik gesprochen, es gebe Standards und Guidelines. Auch die fortschreitende Institutionalisierung von Compliance-Management-Systemen lässt Wenk hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.

Kontakt.

Zum Thema Korruptionsprävention, Compliance und Integrität sind die Verwaltungsakademie des Bundes und die Abteilung Allgemeines
Dienst- und Besoldungsrecht und Koordination Dienstrecht im BMKÖS die richtigen Ansprechpartner.

www.bmkoes.gv.at